Anhaltende Repression in Belarus

Am 16. Juni 2022 wurde in Belarus der Rechtsanwalt Andrej Močalov zu einer zweijährigen Haft in einer offenen Arbeitsanstalt verurteilt.

Andrej Močalov hat zahlreiche Personen in Verwaltungsverfahren und politischen Strafprozessen verteidigt. Er berichtete über die Willkür der Gerichte, die Allgegenwart von Folter und die Straflosigkeit, mit der die Täter aus den Staatsorganen rechnen können. (Interview in Osteuropa)

Močalov war im Juni 2021 als Verteidiger von Ol’ga Sineleva vor Gericht erschienen, die in einem Strafverfahren wegen Diskriminierung angeklagt worden war, weil sie einer Mitarbeiterin der Staatsanwaltschaft einen Mietvertag gekündigt hatte. Vor Gericht erfuhr Močalov, dass ihm die Anwaltslizenz am Vortag entzogen worden war.

Sineleva wurde zu zwei Jahren Arbeitsdienst verurteilt, die Richterin in diesem Prozess zeigte Močalov bei der Staatsanwaltschaft ab, weil er sich mit gefälschten Dokumenten als Rechtsanwalt ausgegeben habe.

Močalovs Rechtsanwalt Vitalij Brjaginec wurde Ende Mai 2022 zu einer zweiwöchigen Verwaltungsstrafe verurteilt und konnte Močalovs daher nicht verteidigen. Eine zugewiesene Pflichtverteidigerin erschien nicht vor Gericht. Lawyers for Lawyers und der Council of Bars and Law Societies of Europe (CCBE) hat das Vorgehen gegen die beiden Anwälte scharf kritisiert.

Die Menschenrechtsorganisation Vjasna zählt aktuell über 1200 politische Gefangene in Belarus. Zahlreiche Menschen haben in den vergangenen zwei Jahren nach politisch motivierten Prozessen in Zusammenhang mit den Protesten gegen die gefälschten Präsidentschaftswahlen im Jahr 2020 Haftstrafen von 3-18 Monaten abgesessen und leiden als ehemalige politische Gefangene weiter unter Repressionen.

Die Schicksale der politischen Gefangenen werden von der Zeitschrift Osteuropa/Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO) und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Zusammenarbeit mit Vjasna dokumentiert auf: https://100xsolidaritaet.de/