"Dies ist eine tödliche Gefahr für unsere Staatlichkeit"
Russlands Präsident äußert sich am 24.6.2023 zum bewaffneten Aufstand der "Wagner"-Truppen. Er vergleicht die Situation mit dem Zerfall des Imperiums am Ende des Ersten Weltkriegs, spricht von einem Dolchstoß in den Rücken des Volks und versucht Gewissheit zu verbreiten, dass der "Angriff auf die Heimat" niedergeschlagen wird.
Rede des russländischen Präsidenten Vladimir Putin, 24.6.2023
Ich wende mich an die Bürger Russlands, an das Personal der Streitkräfte, der Sicherheitsorgane und der Geheimdienste, an die Soldaten und die Kommandeure, die in dieser Stunde in ihren Kampfstellungen stehen, die Angriffe des Gegners heroisch zurückschlagen, ich weiß das, ich habe heute Nacht erneut mit den Kommandeuren aller Frontabschnitte gesprochen. Ich wende mich auch an jene, die durch Betrug oder Drohungen in ein verbrecherisches Abenteuer gezogen, zu einem schweren Verbrechen angestiftet wurden, zu einem bewaffneten Aufstand.
Russland führt heute einen existentiellen Kampf um seine Zukunft, es wehrt die Aggression der Neonazis und ihrer Herren ab. Faktisch ist die gesamte Militär-, Wirtschafts- und Informationsmaschine des Westens gegen uns gerichtet. Wir kämpfen um das Leben und die Sicherheit der Menschen in unserem Land, für unsere Souveränität und unsere Unabhängigkeit. Für das Recht, Russland zu sein und Russland zu bleiben, ein Staat mit tausendjähriger Geschichte.
Dieser Kampf entscheidet das Schicksal unseres Volks, er erfordert die Vereinigung aller Kräfte, Einheit, Konsolidierung und Verantwortungsbewusstsein. Alles, was uns schwächt, muss zur Seite geschoben werden, alle Konflikte, die unsere äußeren Feinde nutzen können und nutzen, um uns von innen zu sprengen.
Daher sind alle Handlungen, die unsere Einheit spalten, ihrem Wesen nach ein Verrat an unserem Volk, an den Kampfkameraden, die in dieser Stunde an der Front kämpfen. Es ist ein Stoß in den Rücken unseres Landes und unseres Volks.
Exakt ein derartiger Stoß wurde im Jahr 1917 gegen Russland geführt, als das Land den Ersten Weltkrieg führte. Doch der Sieg wurde ihm gestohlen. Intrigen, Ränke, politisches Geschacher hinter dem Rücken der Armee und des Volks führten zu einer gewaltigen Erschütterung, zur Zerstörung der Armee, zum Zerfall des Staates und zum Verlust riesiger Territorien. Im Ergebnis zu der Tragödie des Bürgerkriegs.
Russen ermordeten Russen, ein Bruder den anderen, und den Nutzen daraus zogen habgierig politische Abenteurer verschiedenster Sorte und ausländische Kräfte, die unser Land teilten, es in Stücke rissen.
Wir lassen nicht zu, dass sich dies wiederholt. Wir schützen unser Volk und unsere Staatlichkeit vor allen Bedrohungen. Auch vor Verrat von innen.
Denn das, womit wir es heute zu tun haben, ist genau dies: Verrat. Übermäßige Ambitionen und persönliche Interessen haben zu Verrat geführt. Verrat am eigenen Land, am eigenen Volk und an jener Sache, für die die Kommandeure der Gruppe „Wagner“ Seite an Seite mit anderen Einheiten und Gruppierungen gekämpft haben und gestorben sind. Die Helden, die Soledar und Artemovsk (Bachmut – Anm. d. Übers.) befreit haben, Städte und Siedlungen im Donbass, die gekämpft und ihr Leben gegeben haben für Neurussland, für die Einheit der russischen Welt. Auch die Namen und die Ehre dieser Helden wurden von jenen verraten, die einen Aufstand anzetteln, das Land in die Anarchie stürzen und zum Brudermord treiben wollen. In eine Niederlage und am Ende in die Kapitulation.
Nochmal: alle inneren Wirren bedeuten eine tödliche Gefahr für unsere Staatlichkeit, für uns als Nation. Sie sind ein Schlag gegen Russland, gegen unser Volk. Unser Vorgehen zum Schutz des Vaterlands vor einer solchen Gefahr wird hart sein. Alle, die bewusst den Weg des Verrats gewählt, einen bewaffneten Aufstand geplant, auf Erpressung und Terrormethoden gesetzt haben, werden unweigerlich bestraft, sie werden sich vor dem Gesetz und vor unserem Volk zu verantworten haben.
Die Streitkräfte und andere staatliche Organe haben die nötigen Befehle erhalten, in der Stadt Moskau, im Moskauer Gebiet und in einigen anderen Regionen werden derzeit zusätzliche Maßnahmen der Terrorabwehr ergriffen. In Rostov-am-Don findet ein entschlossenes Vorgehen zur Stabilisierung der Situation statt. Diese ist weiter schwierig, faktisch ist dort die Arbeit der Zivil- und Militärverwaltung blockiert.
Als Präsident Russlands und Oberkommandierender, als Bürger Russlands tue ich alles, um das Land zu verteidigen, die Verfassungsordnung zu schützen, das Leben, die Sicherheit und die Freiheit der Bürger zu bewahren.
Wer einen bewaffneten Aufstand vorbereitet und angestoßen hat, die Waffe gegen die eigenen Kampfgenossen erhoben, der hat Russland verraten. Er wird dafür zur Verantwortung gezogen. Jene, die in dieses Verbrechen hineingezogen werden sollen, rufe ich dazu auf, diesen schicksalhaften, tragischen, nicht rückgängig zu machenden Fehler nicht zu begehen, sondern die einzig richtige Entscheidung zu treffen: die Beteiligung an diesen Verbrechen zu beenden.
Ich bin davon überzeugt, dass wir das schützen und verteidigen, was uns allen wertvoll und heilig ist, dass wir gemeinsam mit unserer Heimat alle Herausforderungen bewältigen und dabei noch stärker werden.
Aus dem Russischen von Volker Weichsel, Berlin