Durchbruchversuche, Luftangriffe, Verhaftungswelle

Nikolay Mitrokhin

Russlands Krieg gegen die Ukraine, 74. Kriegswoche

Die schweren Kämpfe an zahlreichen Frontabschnitten gingen auch in der dritten Juliwoche weiter. Keine der beiden Seiten konnte relevante Geländegewinne erzielen. Dazu trägt auch die Streumunition bei, die nun auch von der Ukraine eingesetzt wird. Erfolge erzielt die Ukraine mit Angriffen auf militärisch relevante Infrastruktur wie die Krimbrücke. Russland hat im Gegenzug – aus Rache oder im Zusammenhang mit dem Ausstieg Moskaus aus dem Getreideabkommen – Hafenstädte im Süden der Ukraine massiv mit Raketen angegriffen. In Russland gehen die Verhaftungen und Entlassungen nach dem Wagner-Aufstand weiter.

Die Lage an der Front hat sich in der dritten Juliwoche nur unwesentlich verändert. Die russländischen Truppen hat sind nordöstlich von Kupjans’k und südwestlich von Kreminna um einige Hundert Meter vorgerückt. Die ukrainische Armee machte nordwestlich und südlich von Bachmut Geländegewinne in gleichem Umfang. Ihr größter Erfolg an diesem Frontabschnitt war die Eroberung der Höhenzüge bei der Siedlung Kliščijivka, was ihr zuvor in wochenlangen Kämpfen nicht gelungen war.

Im wichtigsten Frontabschnitt im Gebiet Zaporižžja versuchten die ukrainischen Truppen, insbesondere bei Vuhledar, erneut mit Angriffen Schwachstellen der Besatzer zu erkunden. Trotz heftiger Gefechte gelang es ihnen jedoch lediglich, bei Vremivka und Rabotino knapp 500 Meter Gelände gutzumachen. Präsident Zelens’kyjs Ankündigung, der Angriff auf die Verteidigungsanlagen des Gegners werde nun beginnen, da das Gelände davor nun an wichtigen Stellen von Minen befreit sei, hat sich bislang nicht erfüllt.

Gleichzeitig hat sich gezeigt, dass die Ukraine mit der von den USA gelieferten und seit Beginn der 74. Kriegswoche eingesetzten Streumunition der Infanterie des Gegners größere Verluste zufügen kann. Auch zwei für die russländischen Truppen arbeitende Kriegskorrespondenten wurden getötet. In einem Fall handelt es sich um Rostislav Žuravlev (1989–2023) aus Ekaterinburg, der in jungen Jahren als Aktivist der nationalbolschewistischen Partei von Ėduard Limonov von sich Reden gemacht hatte, Er war Ende Februar 2014 auf der Krim aufgetaucht und hatte später in einem Bataillon der von Russland gesteuerten Milizen der „Volksrepublik Lugansk“ gekämpft. Seit Russlands Überfall auf die Ukraine hatte er für RIA Novosti und in einem persönlichen Telegram-Kanal von der Front „berichtet“ und dafür 2022 die „Goldene Feder“ des Russländischen Journalistenverbands erhalten. Drei weitere Mitarbeiter des RIA-Teams, das über den Einsatz von Streumunition durch die ukrainische Armee berichten wollte, wurden verletzt.

Die russländischen Truppen setzten ebenfalls Streumunition ein, beim Beschuss der fronnahen Siedlung Druživka im Gebiet Donec’k wurde ein Kameramann der Deutschen Welle verletzt.

Beide Armeen erleiden bei den anhaltenden schweren Gefechten erhebliche Verluste, wenngleich die Ukraine erklärt hat, dass sie ihre Soldaten nicht in eine „Fleischmühle“ schicken würde, wie es die Wagner-Truppen im Winter 2022/2023 getan hatten, als schlecht ausgerüstete und kaum trainierte Männer in großer Zahl zum Sturm auf ukrainische Stellungen getrieben wurden und dabei umkamen. Dass die Ukraine gleichwohl hohe Verluste bei den Angriffen auf die Befestigungsanlagen der Besatzer und bei der Abwehr der russländischen Angriffe im Gebiet Luhans’k erleidet, lässt sich an den auf Regionalportalen veröffentlichten Todesanzeigen ablesen. Im Gebiet Ivano-Frankivs’k, das bei weitem nicht zu den bevölkerungsreichsten der Ukraine gehört, veröffentlichte die Zeitung „Kurs“ in der letzten Woche täglich 2–3 Meldungen über gefallene Soldaten. Im ebenfalls an der Einwohnerzahl gemessen recht kleinen Gebiet Černihiv wurden nach Angaben des Portals der Stadtverwaltung von Černihiv zwischen dem 14. und dem 20. Juli 13 Gefallene begraben. Gewichtet man die Zahlen nach dem Bevölkerungsanteil – auf die beiden Gebiete entfallen nur zwei Millionen Einwohner, als rund fünf Prozent der Bevölkerung der Ukraine – so ergäbe dies, dass täglich rund 100 Ukrainer an der Front sterben. Einer der Toten, die die Ukraine in der dritten Juliwoche zu beklagen hatte, war der stellvertretende Chefredakteur der ukrainischen „Forbes“, ein bekannter Kiewer Journalist und Vater dreier Kinder, der als einfacher Soldat am südöstlichen Frontabschnitt gekämpft hatte.

Die Kampfhandlungen an der Staatsgrenze zwischen Russland und der Ukraine sind in der 74. Kriegswoche zurückgegangen. Gleichwohl beschossen beide Armeen jeden Tag neue grenznahe Dörfer mit Artillerie und Raketen. Eine Gruppe tschetschenischer Kämpfer auf Seiten der Ukraine drang, wie einem vom ukrainischen Militärgeheimdienst veröffentlichten Video zu entnehmen ist, in die Siedlung Sereda im russländischen Gebiet Belgorod ein und zerstörte einen mit zwei Soldaten besetzten Militärlaster.

Das Ende des Getreideabkommens und die Luftangriffe auf Städte am Schwarzen Meer

Vor dem Hintergrund der schweren, aber zu keinem echten Durchbruch führenden Kämpfe an zahlreichen Frontabschnitten hoffen einige Beobachter darauf, dass die immer intensiver und erfolgreicher geführten Angriffe der Ukraine auf die Krim eine Wende bringen.

Am 17. Juli gelang es der Ukraine erneut, die Krim-Brücke anzugreifen, dieses Mal mit Seedrohnen. Die beiden Fahrbahnen für den Automobilverkehr wurden beschädigt, an der Eisenbahnbrücke hingegen nicht. Seitdem ist nur ein Fahrstreifen im Wechselverkehr nutzbar. Der Angriff hat zweifellos militärische Bedeutung. Die Brücke ermöglicht es Russland, in kurzer Zeit aus dem nördlichen Kaukasusvorland Soldaten, Kriegsgerät und Munition auf die Halbinsel und von dort über die Landbrücken bei Perekop und Čongar an die Front zu bringen. Zugleich hat der Angriff symbolische Bedeutung: Touristen aus Russland, die meinten, einen ruhigen Urlaub auf der Krim verbringen zu können, haben eine Lektion erteilt bekommen.

In der Nacht auf den 18. Juli haben die ukrainischen Streitkräfte versucht, nach ihrem Erfolg weiter nachzulegen. In mindestens fünf Gruppen starteten Drohnen von Flugplätzen im Gebiet Odessa. Nach russländischen Angaben wurden mindestens 17 unbemannte Fluggeräte abgeschossen und mindestens 15 von Einheiten der radioelektronischen Kampftruppen zu Boden gebracht. Nachrichten über einen Treffer gibt es nicht, fest steht gleichwohl, dass die Ukraine noch nie in diesem Krieg so viele Drohnen bei einer einzigen Angriffswelle einsetzen konnte.

An den darauffolgenden Tagen griff die Ukraine die Krim erstmals mit britischen und französischen Raketen vom Typ Storm Shadow und SCALP an. Zuvor war dies vermutlich aus politischen Gründen nicht geschehen. Mindestens zwei der Raketenangriffe waren äußerst erfolgreich, insbesondere wenn man an die nahezu ausnahmslos abgefangenen Drohnen denkt. Am 19. Juli schlugen drei Raketen südlich eines Militärflugplatzes im Kreis Kirov nahe der Siedlungen Abrikosovka und Babenkovo in ein riesiges Munitionslager unter freiem Himmel ein. Ein Teil der „Taurien“-Autobahn, die von der Krim-Brücke nach Simferopol‘ führt, musste geschlossen werden. Und am 22. Juli gingen in der Siedlung Oktjabrskoe im Kreis Krasnogvardejskoe eine Raffinerie und mehrere Lagerhallen der russländischen Armee in Flammen auf. In einem Umkreis von fünf Kilometern um die Hallen wurde die Bevölkerung evakuiert. Auch am Bahnhof Ėlevatornaja hat es offenbar gebrannt und die Bahnstrecke wurde zeitweise gesperrt.

Russland ist in der dritten Juliwoche dazu übergegangen, mit massiven Angriffen die Hafeninfrastruktur von Städten an der Schwarzmeer-Küste, insbesondere Mykolajiv und Odessa, zu zerstören. Ob es sich um Rache für den erneuten Angriff auf die Krimbrücke handelt oder ob nach Russlands Ausstieg aus dem Getreideabkommen nun der Ukraine die Möglichkeit genommen werden soll, eine Ausfuhr dieses wichtigen Guts zu unterbinden, ist unklar. Beide Motive ergänzen sich. Anders als bei früheren Angriffen, die meist mit luftgestützten Raketen eines einzigen Typs oder mit Kampfdrohnen geführt wurden, attackierte Russland Odessa und Mykolajiv in der vergangenen Woche mit sehr verschiedenen Waffen, darunter die zuvor nur äußerst selten verwendeten, sehr schnell fliegenden (abhängig von der Flughöhe Mach 1,6–Mach 2,3) und überaus teuren Anti-Schiffs-Lenkwaffen vom Typ „Oniks“ (SS-N-26-Strobile nach NATO-Terminologie). Gegen diese Marschflugkörper mit hohem Schadenspotential findet die ukrainische Luftabwehr bislang kein Gegenmittel. Abgefeuert wurden die Lenkwaffen von Flugzeugen, Schiffen, U-Booten und von küstennah stationierten Abschussrampen auf der Krim.

Die morgendlichen Meldungen der ukrainischen Streitkräfte nach einer Angriffsnacht lasen sich so: „In mehreren Wellen erfolgten Angriffe des Feinds mit: 16 Marschflugkörpern vom Typ ‚Kalibr‘, wahrscheinlich aus dem Schwarzen Meer vom kleinen Lenkwaffenkreuzer ‚Ingušetija‘ und der Fregatte ‚Admiral Essen‘; acht Marschflugkörper vom Typ Ch-22 von über dem Schwarzen Meer fliegenden TU-22M3-Überschallbombern; sechs ‚Oniks‘-Lenkwaffen von auf der Krim stationierten Küstenverteidigungssystemen ‚K-300-Bastion‘; eine luftgestützte Ch-59-Lenkwaffe von über dem Schwarzen Meer fliegenden Su-35; 32 Kamikaze-Drohnen Shahed-136/131 von den Militärstützpunkten Čauda auf der Krim sowie Primorsko-Achtarska im Gebiet Rostov.“

Bei den Angriffen wurde die Hafeninfrastruktur von Odessa und Mykolajiv stark beschädigt. Auch eine riesige Menge Getreide, das für den Export gelagert war, wurde vernichtet. Das ukrainische Landwirtschaftsministerium sprach von 60 000 Tonnen. Von der Zerstörung seien besonders die Anlagen der Getreidehändler Kernel, Viterra und CMA CGM Group betroffen, der Wiederaufbau dauere mindestens ein Jahr.

Schwere Schäden gab es insbesondere bei den Angriffen in der Nacht zum 23. Juli auch an zahlreichen Gebäuden von kultureller Bedeutung sowie an Wohnhäusern. Zerstört wurden der Altarbereich der Verklärungskathedrale Spaso-Preobražens’kyj kafedral’nyj sobor), der Hauptkirche von Odessa, sowie mindestens zwei Dutzend historische Gebäude im Zentrum Odessas, das erst im Januar 2023 in der Hoffnung, solche Angriffe damit verhindern zu können, auf die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen worden war.

Getroffen wurden auch riesige Lagerhallen in der Nähe des Flughafens von Odessa sowie südlich der Stadt zum wiederholten Mal auch die Eisenbahnbrücke bei Zatoka, die auf der Nehrung, die den Dnister-Liman vom Schwarzen Meer trennt, über die Mündung des Flusses führt. Sie ist wichtig für den Transport von Dieseltreibstoff aus rumänischen Raffinerien in die Ukraine. Am 24. Juli griff Russland auch den Hafen von Reni am Unterlauf der Donau unmittelbar an der Grenze zu Rumänien an. Zu den Schäden, welche die Angriffe in Mykolajiv verursacht haben, gibt es wie bei vorherigen Attacken wenig Informationen. Auch dort wurden neben der Hafeninfrastruktur auch Gebäude in der Stadt zerstört.

Die Angriffe mit einer so großen Zahl an Raketen unterschiedlichen Typs deuten darauf hin, dass die im Winter gehegten Erwartungen, Russland gingen diese Angriffswaffen in nicht allzu ferner Zeit aus, sich wohl nicht erfüllen werden. Russland und den Staaten, aus denen es diese Waffen bezieht, ist es offenbar gelungen, neue Wege für die Beschaffung westlicher Komponenten zu finden, die sie für den Bau der Raketen benötigen. Gerade erst wurde entdeckt, dass sich in iranischen Shahed-Drohnen, mit denen Russland regelmäßig die Ukraine angreift, Motoren aus Irland befanden. Zuvor waren solche aus Österreich gefunden worden. Der irische Ministerpräsident hat eine rasche Aufklärung des Skandals versprochen. Doch es wird deutlich, dass die EU und die USA nicht in der Lage oder willens sind, den Export und die weitere Verwendung sämtlicher Güter, die auch zu militärischen Zwecken genutzt werden können, so zu kontrollieren, dass sie nicht nach Russland gelangen. Wichtige Handelspartner des Westens wie China oder die arabischen Staaten am Persischen Golf verdienen gerne am Weiterverkauf solcher Waren an Pariastaaten.

Zerschlagung der „rechten Opposition“ in Russland

In Russland geht die Zerschlagung der Strukturen ultranationalistischer Putin-Kritiker weiter. Nach dem Ende des Wagner-Aufstands wurden zunächst mehrere Generäle, die mit Wagner-Chef Prigožin verbunden waren oder in fast offener Opposition zu Verteidigungsminister Sergej Šojgu und Generalstabschef Valerij Gerasimov gestanden hatten, verhaftet oder aus der Armee entlassen. Die Rede ist jetzt von einem „Surovikin-Clan“. Im Verlaufe des Julis wurden dann Dutzende weitere Militärs unterschiedlichen Ranges verhaftet, ohne dass die Behörden dies bekannt gaben. Die Liste reicht vom Oberkommandierenden der Luftlandetruppen Michail Teplinskij bis zu mehreren Brigadeführern. Genaue Listen mit den Namen der Verhafteten und Entlassenen gibt es nicht, aus den Einzelmeldungen lässt sich aber schließen, dass die kampffähigsten Teile der Armee, die Luftlandetruppen und die Panzertruppen am stärksten betroffen sind. Daneben wurden auch mehrere hochrangige Mitarbeiter des militärischen Auslandsgeheimdiensts verhaftet oder entlassen. Es handelt sich vorrangig um Männer, die an der Front waren und der obersten Militärführung zumeist in nicht öffentlicher Form Vorwürfe gemacht hatten. Nicht betroffen sind offenbar Kommandeure motorisierter Schützendivisionen und der Marineinfanterie, obwohl beide Truppengattungen ebenfalls bei der „Spezialoperation“ eingesetzt wurden. Gleiches gilt für Kommandeure aus Verbänden der „Volksrepubliken“ von Donezk und Lugansk sowie der tschetschenischen Truppen. Anzeichen, dass die Entlassungen und Verhaftungen sich auf die Kampffähigkeit der Armee auswirken, gibt es bislang keine.

In Untersuchungshaft sitzt seit dem 21. Juli auch der einstige „Held des Russischen Frühlings“ Igor‘ Girkin (Strelkov), der im Dezember 2022 von einem niederländischen Gericht wegen der Beteiligung am Abschuss der Passagiermaschine der Malaysian Airlines über dem Donbass im Juli 2014 in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Girkin hatte sich in den letzten Jahren als Militärblogger betätigt und trat seit Sommer 2022 als erbitterter Kritiker Putins und Šojgus auf, unter anderem in der Rolle als Anführer eines „Klubs der erzürnten Patrioten“, dem eine Reihe weiterer ultrarechter „Netzpatrioten“ angehören. Die frustrierten Kommentare Girkins zu den Ereignissen an der Front spielten auch für die ukrainischen Medien eine nicht unerhebliche Rolle. Sie zitierten sie gerne als Beleg für die wachsende Panik unter den „Falken“ des Feinds. Doch obwohl Girkin einem Kreis von vielleicht 1000 russischen Ultrapatrioten als Guru galt, ging nach seiner Verhaftung niemand auf die Straße. Zur Eröffnung des Verfahrens wegen Extremismus kam nur eine Handvoll Anhänger vor das Gerichtsgebäude. Von handlungsfähigen ultrarechten Putin-Gegnern ist nichts zu sehen.

Die Wagner-Truppe ist bislang der Zerschlagung und Prigožin der Verhaftung entgangen. Die angekündigte Übersiedlung nach Belarus findet tatsächlich statt. Nicht nur hat die PMC Wagner alle ihre Büros in Russland geschlossen. Auch ihr bekanntestes Militärlager in Mol’kino im Gebiet Krasnodar hat sie geräumt. Die schweren Waffen und die dazu gehörige Munition wurden an das Verteidigungsministerium übergeben, und in der dritten Juliwoche gab es jeden Tag Berichte über Kolonnen mit Dutzenden oder Hunderten Fahrzeugen, in denen die Kämpfer der Truppe in das Nachbarland fahren. Auf einem von der Wagner-Gruppe veröffentlichten Video verspricht Prigožin in Mol’kino Kämpfern, dass sie nach einem vorübergehenden Aufenthalt in Belarus, wo sie als Ausbilder für Reservisten dienen sollen, nach Afrika geschickt würden. Dort hat die PMC Wagner mit mehreren Regierungen Verträge abgeschlossen.

Gleichwohl bleibt unklar, wie viele der zuletzt rund 25 000 Kämpfer der Wagner-Gruppe in Militärlager in Belarus einziehen werden und wie lange sie dort bleiben. Polen, Litauen und Lettland verstärken ihre Truppen an der Grenze, um möglichen Aktionen der Wagner-Truppe zuvorzukommen, nachdem Putin bei einer Online-Sitzung des Sicherheitsrats am 21. Juli antipolnische Töne angeschlagen hat.

Aus dem Russischen von Volker Weichsel, Berlin

Dieser Lagebericht stützt sich auf die vergleichende Auswertung Dutzender Quellen zu jedem der dargestellten Ereignisse. Einer der Ausgangspunkte sind die Meldungen der ukrainischen sowie der russländischen Nachrichtenagenturen UNIAN und RIA. Beide aggregieren die offiziellen (Generalstab, Verteidigungsministerium, etc.) und halboffiziellen Meldungen (kämpfende Einheiten beider Seiten, ukrainische Stadtverwaltungen, etc.) der beiden Kriegsparteien. Der Vergleich ergibt sowohl übereinstimmende als auch widersprüchliche Meldungen und Darstellungen.

Zur kontrastierenden Prüfung ukrainischer Meldungen werden auch die wichtigsten russländischen Telegram- und Livejournal-Kanäle herangezogen, in denen die Ereignisse dieses Kriegs dargestellt und kommentiert werden, darunter die des Kriegsberichterstatters der Komsomol’skaja Pravda Aleksandr Koc (https://t.me/sashakots) sowie des Novorossija-Bloggers „Colonel Cassad“ (Boris Rožin, https://colonelcassad.livejournal.com/) sowie des Beobachters Igor’ Girkin Strelkov (https://t.me/strelkovii).

Wichtige Quellen sind auch die Berichte, Reportagen und Analysen von Meduza und Novaja Gazeta Europe. Ebenfalls berücksichtigt werden die täglichen Analysen des Institute for the Study of War (www.understandingwar.org), das auf ähnliche Quellen zurückgreift.

Die Vielzahl der abzugleichenden Quellen wäre ohne Hilfe nicht zu bewältigen. Dem Autor arbeiten drei Beobachter des Kriegsgeschehens zu, die für Beratung in militärtechnischen Fragen, Faktencheck und Sichtung russisch- und ukrainischsprachiger Publikationen aus dem liberalen Spektrum zuständig sind und dem Autor Hinweise auf Primärquellen zusenden.

Die jahrelange wissenschaftliche Arbeit zu den ukrainischen Regionen sowie zahlreiche Reisen in das heutige Kriegsgebiet erlauben dem Autor, auf der Basis von Erfahrungen und Ortskenntnissen den Wahrheitsgehalt und die Relevanz von Meldungen in den sozialen Medien einzuschätzen.