Ökologische Modernisierung in Russland
Workshop der DGO zur ökologischen Modernisierung in Russland
Zwei Berichte der Deutschen Welle, russischsprachige Redaktion
Szenarien für eine Dekarbonisierung: Russlands Weg in eine grüne Wirtschaft Wie könnte die ökologische Modernisierung Russlands aussehen? Im Rahmen eines deutsch-russischen Projekts stellten Experten drei Studien zu möglichen Reformen des russischen Energiesektors und zur Entwicklung erneuerbarer Energien vor.
In Russland spielte das Thema Klimaschutz lange kaum eine Rolle. Doch im Jahr 2020 hat sich diese Situation grundlegend verändert: Russlands Führung sowie die großen Unternehmen des Landes machen sich ernsthaft Gedanken über den Co2-Fußabdruck der russischen Wirtschaft und die Verringerung von Treibhausgasemissionen. Grund sind externe Faktoren: die Pläne der Europäischen Union, der USA, Chinas und Japans. Russland wird wahrscheinlich einen anderen Weg der Dekarbonisierung wählen, obwohl das Potenzial für Wind, Sonne und andere erneuerbare Energien (EE) entgegen der weit verbreiteten Meinung riesig ist, so dass es nicht notwendig wäre, auf Atomkraft zu setzen.
Ein deutsch-russisches Projekt: Studien und Workshops
Dies sind die zentralen Ergebnisse eines virtuellen Workshops, den die Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO) am 18. Oktober 2021 veranstaltet hat. Dort stellten russische Wissenschaftler und Experten die ersten drei Studien vor, die sie im Rahmen des Projekts "Nachhaltiges Russland – Wege zu einer diversifizierten und klimafreundlichen Wirtschaft" erstellt haben. Vier weitere Papiere sind in Vorbereitung und werden auf ähnlichen Workshops im November, Dezember und wahrscheinlich im Januar/Februar 2022 diskutiert werden.
Das Auswärtige Amt hat dieses umfangreiche deutsch-russische Forschungsprojekt gefördert. Der Energiesektor ist ein äußerst wichtiger Bereich für die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern, aber auch zwischen der EU und Russland. Der Kampf gegen den Klimawandel wird gerade auf diesen Bereich in den nächsten Jahren grundlegende Auswirkungen haben. Deshalb will man sich in Deutschland ein Bild davon machen, wie die ökologische Modernisierung des russischen Energiesektors und der russischen Wirtschaft aussieht oder aussehen könnte, und gleichzeitig einen Beitrag zu der in Russland unter Experten geführten Diskussion selbst leisten.
Eines der wichtigsten Themen in den Beziehungen zwischen Russland und der gesamten Europäischen Union ist der EU Green Deal und die bevorstehende Einführung eines CO2-Grenzausgleichssystems (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM). Dieser Mechanismus, der in Russland oft als Kohlenstoffsteuer oder Kohlenstoffabgabe bezeichnet wird, ist nach Überzeugung von Georgij Safonov, Direktor des Zentrums für Umwelt und natürliche Ressourcen an der Higher School of Economics (HSE) in Moskau, einer der externen Faktoren, der die russische Wirtschaft dazu bringen werde, den Weg der Dekarbonisierung und damit der Reduzierung der Treibhausgasemissionen einzuschlagen.
Russland wird sein überholtes Geschäftsmodell ändern müssen
Zwar sei, so Safronov, keine Co2-Bepreisung auf dem russischen Binnenmarkt in Sicht. Doch alle Güter, die aus Russland exportiert werden, unterliegen den Regeln des Ziellandes. Russlands Wirtschaft werde „den Preis für die schmutzige Produktion" zahlen müssen. Russland werde ohne jeden Zweifel bereits in naher Zukunft mit einem globalen Rückgang der Nachfrage nach den fossilen Brennstoffen Kohle, Erdöl und Erdgas sowie generell nach „kohlenstoffintensiven Produkten“, die mit erheblichen Emissionen des Treibhausgases CO2 hergestellt werden, konfrontiert sein.
Mehr als 120 Länder entwickeln Strategien zur Dekarbonisierung ihrer Volkswirtschaften. "Kohlenstoffemissionen werden sehr unrentabel, daher müssen Unternehmen den Einsatz entsprechender Energieträger und Vorprodukte stark reduzieren", heißt es in einer Studie Safonovs über den politischen und rechtlichen Rahmen für die ökologische Modernisierung der russischen Wirtschaft. Russland müsse sein Geschäftsmodell grundlegend ändern, da der Ansatz Gewinnschöpfung durch Ausbeutung der Natur eindeutig erschöpft sei.
In seiner Studie präsentiert Safonov Szenarien für die Dekarbonisierung der russischen Wirtschaft, die Experten der Higher School of Economics und der Russischen Akademie für Volkswirtschaft und öffentliche Verwaltung (RANChiGS) entwickelt haben. "Das Potenzial für eine grüne Transformation ist enorm: sowohl was die natürlichen Ressourcen betrifft (Russland hat das weltweit größte Potenzial an erneuerbaren Energien) als auch in Bezug auf die Technologie und die Menschen", betonte Safronov während des Workshops. Die Erfahrungen vieler Staaten zeigten, dass „eine grüne Transformation nicht nur bewältigbar ist, sondern auch zusätzliche Anreize und Impulse für Wirtschaftswachstum schafft".
Russlands Sonderweg bei der Dekarbonisierung des Stromsektors
Szenarien für eine ökologische Modernisierung Russlands sowie dafür notwendige Reformen präsentierte auch der Direktor des Zentrums für Wirtschaftsexpertise der Higher School of Economics und Präsident des Instituts für Energie und Finanzen (IEF) Marcel Salichov. Er schlägt unter anderem vor, die Unternehmen in Russland für die Erlaubnis zur Emission von Treibhausgasen zahlen zu lassen, steuerliche Anreize für Dekarbonisierungsprojekte zu schaffen, die Einführung von Technologien zur CO2-Abscheidung zu unterstützen und natürlich die Förderprogramme für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen auszuweiten, da der Stromsektor für die meisten Treibhausgasemissionen verantwortlich sei.
Salichov rief in Erinnerung, dass Russlands Führung lange Zeit keine Klima-Ambitionen hatte. Im Verlaufe des Jahres 2021 habe sich die Agenda jedoch dramatisch verändert. Tatsächlich erklärte Präsident Putin kürzlich erstmals, dass Russland CO2-Neutralität bis spätestens 2060 anstrebe. Dies sei zwar bislang nur eine Absichtserklärung, so Salichov, doch dass Putin diese überhaupt abgegeben habe, sei wesentlich auf den Einfluss der EU und auch Chinas zurückzuführen.
Russland werde jedoch, „im Stromsektor einen Sonderweg zur Dekarbonisierung beschreiten, nämlich auf Atomenergie und Gas setzen", erklärte Salichov mit Verweis auf entsprechende Äußerungen von Vertretern der russischen Führung. Erneuerbare Energiequellen würden zwar sicher auch ausgebaut, doch ihr Anteil an der Stromerzeugung werde auch mittelfristig wahrscheinlich höchstens 10 % betragen, da der Schwerpunkt bei der geplanten Emissionsreduzierung auf der Ersetzung von Kohle durch Erdgas liege.
Das Potential erneuerbarer Energien in Russland: Grüner Strom statt Kohlekraftwerke und AKWs
Eine weitere Studie, die auf dem von der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde organisierten Workshop vorgestellt wurde, demonstrierte, dass es ein Potential für einen viel höheren Anteil erneuerbarer Energien an der Stromproduktion gibt. Es sei durchaus möglich, diesen bis 2050 auf 100 % zu erhöhen, erklärte Tatjana Lanšina von der Akademie für Volkswirtschaft und öffentliche Verwaltung:
"In Russland ist die Meinung weit verbreitet, dass die Nutzung erneuerbarer Energien zwangsläufig sehr teuer sei. Eine Untersuchung ausgewählter Projekte hat jedoch gezeigt, dass die Windenergie bereits heute wettbewerbsfähig ist und die Solarenergie fast gleichauf liegt. Würde die massive Subventionierung der fossilen Brennstoffe eingestellt, wäre jede Diskussion über die angeblich fehlende Wettbewerbsfähigkeit der erneuerbaren Energien mit einem Schlag vorbei."
Lanšina ist zugleich Vorsitzende des Verbands Ziel 7 (Cel‘ nomer sem‘/Goal Number Seven), dessen Name sich auf das siebte der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen bezieht: erschwingliche und saubere Energie. In einer Studie, die sie zusammen mit Sofia Strelkova von Ziel 7 und dem stellvertretenden Vorsitzenden der Organisation Ecodefence! Vladimir Slivjak erstellt hat, wird ein „ehrgeiziges und für Russland schwieriges", nach Ansicht der Autoren jedoch realisierbares Szenario für einen vollständige Umstellung auf erneuerbare Energien präsentiert, das die geografischen und regionalen Besonderheiten Russlands berücksichtigt.
Für eine solche Energiewende muss Russland heute den klaren Beschluss fassen, dass keine neuen Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke gebaut, und bestehende Anlagen nicht modernisiert, sondern schrittweise abgeschaltet werden.
Andrej Gurkov
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Zweiter Bericht der Deutschen Welle, russischsprachige Redaktion
Russlands Stromsektor: Wind und Sonne statt Gas und Atom?
Russland kann bis zum Jahr 2050 vollständig auf erneuerbare Energiequellen umsteigen. Dies ist das Ergebnis einer Studie, die im Rahmen eines deutsch-russischen Forschungsprojekts erstellt wurde.
„Russland strebt an, dass seine Volkswirtschaft bis spätestens 2060 kohlenstoffneutral sein wird.“, verkündete Präsident Vladimir Putin Mitte Oktober. Wenige Tage später wies er die Regierung an, den Bau von drei Gezeitenkraftwerken in der Region Archangelsk, der Region Chabarovsk und auf der Halbinsel Kamtschatka zu prüfen. Mit Hilfe des so erzeugten Stroms soll grüner Wasserstoff für den Export gewonnen werden. Das Beispiel zeigt, dass das Interesse an erneuerbaren Energien in Russland wächst.
100 % erneuerbare Energien bis 2050 – ein Szenario der Transformation
Kohlenstoff- bzw. Klimaneutralität setzt voraus, dass vielfältige Potentiale für Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen auf dem riesigen Gebiet Russlands in großem Umfang genutzt werden. Der Tidenhub ist dabei keineswegs die wichtigste innerhalb dieser Energiequellen. Werden vor allem Sonnen- und Windenergie sowie Wasserkraft, Biomasse und Erdwärme genutzt, so können nicht nur die Bevölkerung und die Industrie Russlands vollständig mit Strom versorgt, sondern sogar Exportpotentiale geschaffen werden.
Das ist die Überzeugung einer Gruppe von russischen Experten, die ein Szenario erarbeitet haben, demzufolge Russlands Stromproduktion im Jahr 2050 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien erfolgen könnte.
"Russland hat nach neuen sowie nach bereits seit langem vorliegenden Studien das größte technische Potenzial für die Entwicklung von Windenergie weltweit", betont die Studie, die im Rahmen des deutsch-russischen Projekts "Nachhaltiges Russland – Wege zu einer diversifizierten und klimaorientierten Wirtschaft" erstellt wurde.
Zusammen mit zwei weiteren Studien wurde diese am 18. Oktober auf einem virtuellen Seminar der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO) vorgestellt.
Russlands Potential für die Entwicklung von Wind- und Solarenergie
"Das Haupthindernis für die Entwicklung erneuerbarer Energien in Russland ist die mangelnde Bereitschaft, etwas zu ändern", erklärte Tat‘jana Lanšina von der Akademie für Volkswirtschaft und öffentliche Verwaltung sowie Mitbegründerin und Vorsitzende des Verbands Ziel 7 (Cel‘ nomer sem‘/Goal Number Seven), dessen Name sich auf das siebte der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen bezieht: erschwingliche und saubere Energie. Erstellt hat Lanšina die Studie mit ihrer Kollegin Sofia Strelkova sowie Vladimir Slivjak, dem stellvertretenden Vorsitzenden der NGO Ecodefence!, Träger des Alternativen Nobelpreises 2021.
Die Studie führt Daten an, welche die in Russland weit verbreitete Meinung widerlegen, das Land habe ungünstige Voraussetzungen für die Entwicklung erneuerbarer Energien: "In einem großen Teil des Landes, darunter auch de dicht besiedelten europäischen Teil, beträgt die durchschnittliche jährliche Windgeschwindigkeit in einer Höhe von 100 Metern mehr als 7 m/s". Dies, so die Autoren, seien hervorragende Ausgangsbedingungen für die Nutzung von Windenergie in industriellem Maßstab.
Zudem betrage „in vielen Regionen, vor allem im Süden des europäischen Teils des Landes, in Sibirien und im Fernen Osten, die tägliche Sonneneinstrahlung auf eine horizontale Oberfläche im Jahresdurchschnitt zwischen 3,5 und 4 Kilowattstunden pro Quadratmeter. Das ist mehr als in Deutschland, wo jede zehnte Kilowattstunde mit Hilfe der Photovoltaik erzeugt wird."
Die Subventionierung fossiler Brennstoffe und die Wettbewerbsfähigkeit der erneuerbaren Energien
„Technisch gesehen ist die Entwicklung von Solar- und Windenergie in allen Föderationskreisen Russlands vielversprechend", heißt es in der Studie. Als Beispiel für eine erfolgreiche Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien wird die Region Ul‘janovsk angeführt. Großes Potential wird der Region Sachalin zugeschrieben, die das Ziel hat, bis 2025 kohlenstoffneutral zu werden, aber auch der Region Kemerowo, die im Zuge der Einstellung der dortigen Kohleförderung eine wirtschaftliche Diversifizierung benötigt.
Ebenfalls widerlegt die Studie die in Russland stark verbreitete Meinung, erneuerbare Energien seien teuer und bedürften dauerhaft staatlicher Subventionen. "Eine Untersuchung ausgewählter Projekte hat jedoch gezeigt, dass die Windenergie bereits heute wettbewerbsfähig ist und die Solarenergie fast gleichauf liegt. Würde die massive Subventionierung der fossilen Brennstoffe eingestellt, wäre jegliche Diskussion über die angeblich fehlende Wettbewerbsfähigkeit der erneuerbaren Energien mit einem Schlag vorbei“, betonte Tat‘jana Lanšina auf dem Seminar der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde.
Daher betrachten die Autoren der Studie als wichtigste Maßnahme zur Einleitung einer Energiewende in Russland die Abschaffung der Subventionen für fossile Brennstoffe. Ebenso müsste die seit langem kritisierte Praxis der Quersubventionen im Stromsektor beendet werden. Dazu komme es, wenn Unternehmen höhere Strompreise zahlen müssen, um den Strompreis für die Bürger niedrig zu halten. Um die Auswirkungen steigender Strompreise abzufedern – bislang seien den Autoren zufolge die Tarife für Haushalte „im internationalen Vergleich extrem niedrig“, bedürfe es gezielter sozialer Ausgleichsmaßnahmen.
Pläne für den Ausstieg aus Kohle und Atom
Als weitere wichtige Maßnahmen für eine Energiewende sehen die Autoren der Studie den Verzicht auf den Bau neuer Kohle-, Erdgas- und Atomkraftwerke. Ebenso sollen solche Kraftwerke nicht zum Zwecke der Laufzeitverlängerung modernisiert, sondern schrittweise durch Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien ersetzt werden.
Die Autoren der Studie haben die Kapazität und das Alter aller Kraftwerke in Russland ermittelt und auf der Grundlage dieser Daten einen Plan für die Entwicklung bis zum Jahr 2035 erstellt. In einer ersten Phase bis 2025 sollen die Blöcke der Kohle- und Gaskraftwerke stillgelegt werden, die mehr als 50 Jahre alt sind. In den Jahren 2026 und 2035 sollen jene Kraftwerke folgen, die heute mehr als 20 Jahre lang im Betrieb sind.
Die Verstromung von Kohle soll bis 2030 vollständig eingestellt werden. Die meisten europäischen Länder wollen bis zu diesem Zeitpunkt diese enorm klimaschädliche Form der Stromgewinnung einstellen. In Russland könnte ein Teil der kohlebefeuerten Kraftwerke auf Biobrennstoffe umstellen, konkret: auf Holzpellets. Die Autoren betonen jedoch, dass für die Herstellung dieses erneuerbaren Energieträgers nur Holzabfälle aus der bestehenden Forstwirtschaft verwendet werden dürfen. "Abholzung mit anschließender Bodendegradation sowie eine Konkurrenz zwischen Energiepflanzen und Nahrungs- oder Futtermittelpflanzen um landwirtschaftliche Flächen ist unbedingt zu vermeiden.“
Für Gaskraftwerke ist nach Auffassung der Autoren kein Platz in einem Plan zur Erreichung von Kohlenstoffneutralität. Sie verweisen auf Untersuchungen, denen zufolge bei der Umstellung der Stromproduktion von Kohle auf Erdgas der Ausstoß von Treibhausgasen nur um 50 Prozent gesenkt wird. „Berücksichtigt man alle Emissionen, also auch jene, die bei Förderung und Transport entstehen, so gibt es praktisch gar keinen Unterschied."
Ausstieg aus der Atomenergie bis 2060
In Atomkraftwerken entstehen hingegen keine Treibhausgase. Dies habe, wie Vladimir Slivjak im Zuge des Seminars erklärte, der Atomlobby gegenwärtig großen Auftrieb verschafft. Planung und Bau von Atomkraftwerken dauerten jedoch in der Regel 10 bis 20 Jahre, so dass die jetzt notwendige beschleunigte Reduzierung der CO2-Emissionen mit neuen Kernkraftwerken nicht zu erreichen sei.
„Bedenkt man die vielen negativen Folgen der Atomenergie für die Umwelt und die damit verbundenen Gesamtkosten, einschließlich jener für die Lagerung radioaktiver Abfälle und den Rückbau abgeschalteter Kraftwerke, so kann die Kernenergie kein Teil der Lösung sein“, heißt es in der Studie. Allerdings schlagen die Autoren keinen beschleunigten Ausstieg aus der Kernenergie in Russland vor. Nach dem vorgelegten Plan sollen Reaktorblöcke, die älter als 40 Jahre sind, zwischen 2021 und 2035 vom Netz genommen und die letzten Blöcke zum Ende ihrer Laufzeit bis 2060 abgeschaltet werden.
Wasserkraft: kein Bedarf für den Bau neuer großer Wasserkraftwerke
Im Bereich der Wasserkraft geht das Szenario einer Energiewende davon aus, dass „die bestehenden Kraftwerke weiter betrieben werden und die installierte Gesamtkapazität sowie die tatsächliche Stromproduktion aus Wasserkraft durch den Bau neuer kleiner Wasserkraftwerke leicht steigt.“ Es sollten jedoch keine neuen Großkraftwerke errichtet werden, da die Staudämme massive Auswirkungen auf die Ökosysteme der Flüsse, die Artenvielfalt und die Umwelt im Allgemeinen habe und zudem oft mit der Zwangsumsiedlung von Menschen verbunden sei.
Der Weg zur Kohlenstoffneutralität führe daher maßgeblich über Windkraft und Solarenergie. Da die Investitionszyklen im Stromsektor 30 bis 40 Jahre betragen, würden heute die grundlegenden Entscheidungen über Neubau und die Modernisierung getroffen. Blieben diese Entscheidungen aus, würde Strom in Russland „in den Jahren 2035 bis 2050 größtenteils in unrentablen Anlagen produziert, deren Instandhaltung immer mehr staatliche Subventionen erfordern wird".
Andrej Gurkov
Zum Weiterlesen:
Im Fluss: Umweltpolitik in Russland. Osteuropa, 7-9/2020