Alte Vorurteile und neue Chancen
Die Juden in den russischen Streitkräften 1900 bis 1926
Abstract
Antisemitismus und Judenfeindschaft existierten in den russischen Streitkräften in verschiedenen Erscheinungsformen. Vor 1914 ging es darum, die „Wehrwürdigkeit“ der Juden „wissenschaftlich“ nachzuweisen oder zu bestreiten. Obwohl die alten Vorurteile gegen die Juden die Revolution und den Bürgerkrieg überdauerten, hatten es die Bevölkerung und die Streitkräfte auf bolschewistischer Seite nun mit Juden nicht mehr nur als Objekten der Stigmatisierung und Gewalt, sondern als Repräsentanten einer oft genug brutalen Staatsgewalt zu tun. Die mentalen Strukturen, welche die neue Ordnung mit ihrer Kampf- und Feindrhetorik etablierte, blieben offen für ein Denken und Handeln, in die antisemitische Stereotype wieder Eingang finden konnten.
(Osteuropa 12/2003, S. 17931809)