Titelbild Osteuropa 3/2005

Aus Osteuropa 3/2005

Weites Land, kleine Heimat
Raum und Sprache im neuen Rußland

Vladislava Ždanova

Abstract

Die Verschiebung der Grenzen nach der Auflösung der UdSSR und ihre Auswirkungen schlagen sich im Bewußtsein der „einfachen Menschen“ nieder. Linguistische Feldstudien belegen dies. Die metaphysische Wahrnehmung des Raumes verändert sich. Grundbegriffe räumlicher Identität wie Heimat (rodina, malaja rodina), Ausland (zagranica), die Fremde (cužbina), ethnische und kulturelle Zugehörigkeit (russkij, rossijskij) werden mit anderen Inhalten und Assoziationen gefüllt. Während räumliche Grenzen im sowjetischen Diskurs auf einer horizontalen Ebene, etwa einer geographischen oder politisch-administrativen, behandelt wurden, verschiebt sich die mentale Konstruktion von Grenzen nun in vertikaler Richtung. Grenzen werden durch eine hierarchische Anordnung von wertbesetzten Größen wie sprachlicher, sozialer, politischer und ethnischer Zugehörigkeit bestimmt.

(Osteuropa 3/2005, S. 168–183)