Titelbild Osteuropa 4-6/2005

Aus Osteuropa 4-6/2005

Erinnerungsschübe
Vergangenheitsbewältigung in der Bundesrepublik

Aleksandr Boroznjak


Abstract in English

Abstract

Lassen sich aus dem deutschen Umgang mit der NS-Vergangenheit Lehren für Rußland ziehen? Alles scheint dagegen zu sprechen. Doch liegt dieser Einschätzung zumeist ein falsches, lineares Bild der Vergangenheitsbewältigung in der Bundesrepublik zugrunde. Tatsächlich bedurfte es zweier Jahrzehnte und einer neuen Generation, bis die Aufarbeitung des NS-Regimes und seiner Verbrechen ernsthaft begann. Das Bekenntnis zur Schuld war immer von dem gegenläufigen Versuch begleitet, das „Dritte Reich“ zu historisieren, den deutschen Umgang mit der Geschichte zu „normalisieren“. Ungeachtet des mit großem zivilgesellschaftlichen Einsatz erzielten Schuldbekenntnisses scheint sich mit dem Ende der DDR und dem Abtreten jener Generation, welche die NS-Zeit selbst erlebt hat, sogar ein neues gesellschaftliches Geschichtsbewußtsein durchzusetzen, das von der Gleichsetzung der „beiden Totalitarismen“ und der Selbstwahrnehmung als Opfer geprägt ist.

(Osteuropa 4-6/2005, S. 20–32)