Die Erosion des Sozialistischen Realismus
Der Samizdat als Gegenkanon
Abstract in English
Abstract
Die in den 1930er Jahren verkündete Doktrin des Sozialistischen Realismus war ein Versuch, in kurzer Zeit ein genuin sowjetisches kulturelles Gedächtnis zu schaffen. Ideologisch unpassende Autoren und Texte waren aus diesem Kanon ausgeschlossen. Die Autonomie der Literatur lebte aber untergründig weiter: Nach Stalins Tod traten mit Samizdat und Tamizdat Gegenströmungen auf den Plan, die ihren eigenen Gegenkanon etablierten. Einen wichtigen Platz nahm darin die Lyrik Osip Mandel’štams ein, deren Wirkung durch die Memoiren seiner Frau Nadežda Mandel’štam noch potenziert wurde. An der Rezeptionsgeschichte beider lässt sich nachvollziehen, wie der Samizdat letztlich zur Erosion der offiziellen Kunstdoktrin beitrug.
(Osteuropa 11/2010, S. 163172)