1812 in Russland und Europa
Inszenierung, Mythen, Analyse
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Abstract in English
Abstract
Der Russlandfeldzug, zu dem die Grande Armée im Juni 1812 aufbrach, markiert in der politischen, sozialen und kulturellen Geschichte Europas eine Zäsur. Wenige Monate später war Moskau niedergebrannt. Napoleons Armee zerfiel auf dem Rückzug, das Russische Reich stieg zum „Retter Europas“ auf. Diese Kriegsereignisse führten vor 200 Jahren zu einer Neuordnung Europas. Sie ging mit innergesellschaftlichen Veränderungen einher, beschleunigte die nationale Selbstfindung und wurde zu einem Gegenstand der Erinnerungsarbeit.
(Osteuropa 1/2013, S. 314)
Volltext
Wer im Herbst und Winter 2012 die Ausstellungshallen des Kulturforums in Berlin betrat, blickte zunächst auf eine im Flammenmeer versinkende Stadt und wurde von wimmelnden Menschenmassen überrascht, die kreuz und quer durch die lodernden Trümmer ritten, marschierten, flüchteten. Das über sieben Meter breite transparente Schaubild „Der Brand von Moskau“ bildete das bewegliche und bewegende Entrée zur Ausstellung „Karl Friedrich Schinkel. Geschichte und Poesie“.[1]
Eine aufwendige Rekonstruktion des erstmals zu Weihnachten 1812 mit großem Erfolg in Berlin gezeigten Schinkelschen Transparents stellte einen der inszenatorischen Höhepunkte der Ausstellung dar, die das Werk des bedeutenden deutschen Architekten, Zeichners und Raumkünstlers facettenreich in Szene setzte. Das Original von Schinkels Moskauer Brandbild, das seinerzeit dank der sensationsträchtigen Form des Transparents für großes Aufsehen gesorgt hatte, überstand die zwei Jahrhunderte nicht. Als Vorlage für die jüngste Aufführung dieses mechanischen Feuerspektakels aus großflächig bemaltem Papier und durchscheinenden unsichtbaren Lichtquellen hat eine glücklicherweise erhalten gebliebene Vorzeichnung Schinkels gedient. Heute sorgen neue Medien dafür, dass der „Brand von Moskau“ als ein spektakuläres Beispiel aus der Frühzeit der Bewegtbilder ebenso wie als originale Sepiazeichnung digital reproduziert und potentiell weltweit erlebt werden kann.[2] Die Rekonstruktion von Schinkels Transparentgemälde schlägt damit eine künstlerische Brücke zwischen der medialen Inszenierung aus dem Jahr 1812 und der Erinnerungskultur von heute. Denn die epochalen Ereignisse von Napoleons Russlandfeldzug und die folgenreiche Konfrontation zwischen dem französischen und dem russischen Imperium, die sich nunmehr zum 200. Mal jähren, finden europaweit in Wissenschaft und Öffentlichkeit Aufmerksamkeit.[3]
Erkundung der Ausgangslage
Seit dem 18. Jahrhundert teilten die Eliten dieser beiden imperialen Mächte eine gemeinsame Kultur. Zu den Sprachen des russischen Hofes zählte das Französische, aber auch abseits der Hauptstadt erwies sich der russische Adel als frankophil. Die Begeisterung für die französische Kultur kannte zeitweise kaum Grenzen. Allerdings verschlechterte sich das politische Verhältnis zwischen Paris und Sankt Petersburg nach der Französischen Revolution merklich. In das 19. Jahrhundert traten Russland und Frankreich bereits als Kriegsgegner ein. 1805 kam es zur ersten großen russischen Niederlage bei Austerlitz, nach weiteren verlorenen Schlachten zwang der Friedensvertrag von Tilsit (1807) das Russische Kaiserreich an die Seite Frankreichs. Die von Napoleon gegen Großbritannien verfügte Kontinentalsperre strangulierte allerdings den russischen Außenhandel. Die Wirtschaft des Zarenreiches erlitt dadurch große Verluste; der Rubel verlor rasant an Wert. Staat und Adel sahen sich schon bald vom Bankrott bedroht. In dieser Situation blieb der Regierung in Sankt Petersburg nichts anderes übrig, als gegen die Bestimmungen der Kontinentalsperre zu verstoßen, damit Napoleon zu brüskieren und ihn erneut herauszufordern.
Dieser handelspolitische Konflikt ging zudem mit heftigen Streitigkeiten um politische Einflusszonen einher, die der Kaiser Napoleon und der russische Kaiser Aleksandr I. als persönliche Verletzungen und Beleidigungen empfanden. Die enttäuschten Friedenshoffnungen und das zunehmende wechselseitige Misstrauen führten dazu, dass die Bündnispartner wieder zu Kriegsgegnern wurden. Im Verlauf des Jahres 1811 begannen Frankreich und Russland, sich auf einen neuen Krieg vorzubereiten. Während Napoleon Russland zur Anerkennung seiner Vorherrschaft in Europa zwingen wollte, ging es Aleksandr I. bei der sich abzeichnenden „Schlacht um Europa“ darum, sein Imperium und seine Alliierten von Frankreichs Würgegriff zu befreien und Napoleon zu Fall zu bringen.[4]
Mit dem Jahr 1812 brach eine Zeit militärischer Superlative an. Im Frühjahr bildeten die Streitkräfte des Französischen Kaiserreichs und die Militärverbände der mit Paris verbündeten Staaten die Grande Armée. Dabei handelte es sich um die größte Truppenkonzentration, die die Welt bis dahin gesehen hatte. Im Juni 1812 überschritt Napoleon mit einem Heer von etwa 600 000 Soldaten und Offizieren die russische Grenze. Damit begann der bis dahin längste Feldzug der europäischen Geschichte. In seinem Verlauf offenbarte sich die Hybris Napoleons, der seine Genialität leichtfertig über- und seinen Gegner unterschätzte. Die Zerschlagung der Grande Armée in einem erbarmungslosen Zermürbungskrieg stellte eines der größten militärischen Desaster der Weltgeschichte dar; der Feldzug des Grauens beschwor eine menschliche Tragödie von unfassbarem Ausmaß herauf. Die Schlacht von Borodino, die am 26. August 1812 ausgefochten wurde, ging mit über 70 000 Toten als das vielleicht größte Kriegsgemetzel in die Geschichte des 19. Jahrhunderts ein. Als die Reste der Grande Armée Mitte November 1812 über den Fluss Berezina setzten und russischen Boden verließen, erlebte der Russlandfeldzug ein weiteres Massaker, das Kriegsgeschichte schrieb und zum Gegenstand von Heldenmythen wurde.
Die Streitkräfte Napoleons waren aus den Umwälzungen seit der Französischen Revolution hervorgegangen. Sie galten als die schlagkräftigsten ihrer Zeit, nicht zuletzt weil in dieser Armee fähige Soldaten und Offiziere unabhängig von ihrer Herkunft erfolgreich und schnell Karriere machen konnten. Der persönliche Aufstieg Napoleons, sein Ruf als größter Feldherr aller Zeiten und genialer Schlachtendenker spornte nicht nur Offiziere immer wieder zu neuen militärischen Erfolgen an. Die damals in Europa dominierende Streitmacht Napoleons wurde jedoch am Ende des Russlandfeldzuges von der traditionellen, ständisch geprägten Armee besiegt, die von der Leibeigenschaftsordnung und damit von der unüberbrückbaren soziokulturellen Kluft zwischen Offizieren und Soldaten, zwischen Gutsherren und abhängigen Bauern geprägt war. Die geltenden ständischen Grundsätze und die Exklusivität der Gardetruppen verhinderten den Aufstieg talentierter Soldaten und Offiziere in der russischen Armee zwar nicht grundsätzlich; sie erschwerten ihn aber erheblich, vor allem wenn es darum ging, mittlere und höhere Führungspositionen zu besetzen.[5]
Den dramatischsten Wendepunkt im Russlandfeldzug Napoleons markierte das Flammenmeer, das im September 1812 Moskau zerstörte.[6] Die eingenommene, von ihren Bewohnern verlassene alte Hauptstadt des Russischen Reichs bot Napoleon keinen Raum für einen feierlichen Triumph; ihre Straßenzüge entpuppten sich als eine Szenerie des Schreckens und der Zerstörung. Die russische Armee ergab sich nicht. Die Streitkräfte zogen sich nur zurück, um ihre Schlagkraft zu sammeln und der zusammenschmelzenden Grande Armée fortan mit kurzen Überfällen an ihren Rändern und in ihrem Rücken immer wieder schmerzhaft zuzusetzen. Diese Taktik permanenter Nadelstiche zeigte Wirkung; sie ließ Napoleons an Hunger und Kälte leidenden Truppen auf dem erzwungenen Rückzug aus Moskau und dann aus Russland immer mehr auseinanderfallen.
Der Brand von Moskau als europäisches Medienereignis
Überall in Europa verfolgte man den Russlandfeldzug mit großer Aufmerksamkeit. Mit erstaunlicher Geschwindigkeit verbreiteten Zeitungen, Bulletins und Journale die Stimmen der Augenzeugen und Berichterstatter. Die gedruckten Nachrichten erlaubten einer breiten europäischen Öffentlichkeit, das Kriegsgeschehen im fernen Russland aktuell zu verfolgen. Liest man die Zeitungen der Kriegsjahre, so zeigt sich, wie die Brandkatastrophe von Moskau zu dem europäischen Schlüsselereignis des Jahres 1812 schlechthin aufstieg.[7] Nicht nur die intensive Kommunikation der Ereignisse in der Presse, sondern auch ihre visuelle Vermittlung in der Druckgrafik trugen wirksam dazu bei, die enorme räumliche Entfernung zu überbrücken und den Brand von Moskau in seiner epochalen Bedeutung aufscheinen zu lassen:
So schien Moskau der ganzen Welt eine Fackel aufgesteckt zu haben, die, wie ein Leuchtturm in unendlicher See, einem ganzen Welttheil den Anfang einer neuen und besseren Ordnung der Dinge verkünden und allen Völkern das Zeichen geben sollte, welches das Ziel sey, wonach die Zeit jezt streben müsse.[8]
Folgt man dieser Aussage des Münchner Gesellschaftsblattes für gebildete Stände, so kann man dem Brand von Moskau durchaus die Bedeutung eines Medienereignisses von europäischem Ausmaß beimessen.[9] Die als Anbruch einer neuen Epoche empfundene Katastrophe ließ sich als eine Zäsur in der Zeitgeschichte vorzüglich inszenieren. Bei der Darstellung und Vermittlung dieser „ewig denkwürdigen und folgenreichen Begebenheiten“ wetteiferten von Beginn an Dichter, Maler und Tonkünstler, wobei ein zeitgenössischer Beobachter aus Wien festhielt: „Für die malerischen Darstellungen jedoch scheint sich der Brand von Moskau am glücklichsten zu eignen.“[10] Es galt, die Vorstellung von einer Zeitenwende künstlerisch zu fassen und ihr eine emotionale Kraft zu verleihen. Dazu trug die erwähnte neue Kunstform der Transparentmalerei maßgeblich bei, der sich nicht nur Karl Friedrich Schinkel bediente, um die Ereignisse von 1812 darzustellen.
Mit der Transparentmalerei war es möglich geworden, besonders intensive Wirkungen bei den Betrachtern zu erzeugen. Die großformatigen, sieben bis zehn Meter hohen Schaubilder, gemalt auf ölgetränkter Seide oder Gaze, wurden mit Gaslicht hinter der Leinwand beleuchtet. Diese kräftige Durchleuchtung der perspektivisch-optischen Darstellungen führte zu transparenten Farb- und Verwandlungseffekten, die ein Bewegtbild evozierten und damit Frühformen gemeinsamer cineastischer Erlebnisse vermitteln konnten. Die Transparentvorführungen wurden enorm populär und erreichten ein breites Publikum.[11]
Im Jahr 1814 ging ein derartiges Transparent mit der Darstellung der Feuerbrände von Moskau gar auf Tournee. Es wurde mit großem Erfolg unter anderem in München, Wien, Pressburg und Prag vorgeführt und als virtuos inszeniertes Medienspektakel bewundert.[12] Die Veranstalter versprachen dem Publikum ein ergreifendes Miterleben der brennenden russischen Metropole. Die Presse berichtete voller Begeisterung „vom Zauber der Malerey und der Beleuchtung“. Sie attestierte dem Transparent den „höchste[n] Grad von Überraschung“ und betonte seine frappierende Wirkung auf das Publikum:
Der rauschende Beyfall drückte die höchste Bewunderung und das höchste Erstaunen zugleich aus, und dann war es wieder stille, als ob man die Flammen wollte knistern und Balken krachen hören, oder als ob man ein allgemeines Schweigen wollte eintreten lassen, um das Feyerliche des Schauspiels dadurch zu erhöhen.[13]
Die Aufführungen waren in Form einer multimedialen Schau inszeniert: Ein Medienensemble von Schauspiel, Musik und Bild setzte die Zeitgeschichte für ein breites Publikum effektvoll in Szene. Anschaulich berichtete ein Korrespondent von der Vorführung in München. Zur Eröffnung sei ein Theaterstück des populären Dramaturgen August von Kotzebue gezeigt worden, bei dem Handlung und Charaktere dem Zeitgeschehen angepasst waren.[14] Es folgte sodann
eine äußert pompöse Schlachtsymphonie, von herrlicher Composition, welche zugleich vortrefflich exekutiert wurde. Allmählich waren alle Lichter verschwunden und es war düster geworden, wie in einem Geisterreiche.[15]
„Da rollte der Vorhang empor“, und es zeigte sich die „Muse der Geschichte“ in der Vorhalle eines Tempels:
[Sie] sprach den Prolog mit sehr viel Feuer und Ausdruck. – Die Vorhalle des Tempels verschwand, und wie durch einen Zauberschlag erschien auf einmal der Brand von Moskau vor unseren Augen.[16]
Die zeitgenössische Behandlung der Kriegsereignisse 1812 als „Event“ ging mit der in vielen europäischen Ländern weit verbreiteten Hoffnung einher, die schmähliche Niederlage im verlustreichen Russlandfeldzug leite das Ende der napoleonischen Ära und damit der französischen Hegemonie auf dem Kontinent ein. Der Zeit andauernder Kriege sollte endlich ein Ende bereitet werden, um in Europa wieder Handel und Wohlstand erblühen zu lassen. Trotz des Ausbaus einer neuen antinapoleonischen Koalition und der Zerschlagung der Grande Armée auf dem russischen Territorium blieb der Ausgang des Krieges aber bis weit in das Jahr 1813 hinein offen. Die entscheidende Wende trat erst mit der „Völkerschlacht“ von Leipzig im Oktober 1813 ein.
Wenige Monate später marschierte der russische Kaiser mit den Koalitionstruppen als Sieger in Paris ein. Im Frühjahr 1815 kam es zwar noch einmal zu einer hunderttägigen politischen und militärischen Rückkehr Napoleons, aber mit der Schlacht von Waterloo am 22. Juni 1815 ging seine Karriere als Staatsmann und Feldherr endgültig zu Ende.
Das erste französische Kaiserreich, das Europa sowohl Reformen als auch Schrecken des Kriegs gebracht hatte, zerbrach. Russland errang als „Retter Europas“ und später dann als „Gendarm Europas“ einen neuen Status als internationale Ordnungsmacht. Nach dem Wiener Kongress 1814–15 veränderte sich die politische Landkarte Europas. Auch die deutschen Staaten gewannen nur neun Jahre nach dem Zusammenbruch des Heiligen Römischen Reiches eine neue politische Gestalt.[17]
Gesellschaftlicher Wandel und nationale Selbstfindung
Die machtpolitische Neuordnung Europas in diesen Jahren ging mit innergesellschaftlichen Veränderungen einher, die schon vor dem Ausbruch der Napoleonischen Kriege traditionelle, verkrustete Strukturen teilweise aufgebrochen hatten. Politik und Gesellschaft waren in Bewegung geraten. Die Kräfte der Reform und der Restauration standen in einem wechselhaften und spannungsreichen Verhältnis zueinander. Vielerorts in Europa förderten die Geschehnisse von 1812 den Ausbruch patriotischer Stimmungen, aus denen begeisternde und zugleich prekäre Nationalbewegungen entstanden. Die im Jahre 1812 und danach geschürten patriotischen Emotionen nährten politische Hoffnungen auf eine weitere Umgestaltung von Staat und Gesellschaft. In deutschen Ländern wurden die Unabhängigkeitskriege von liberalen zeitgenössischen Kräften aufgegriffen, um das Ziel eines geeinten deutschen Verfassungsstaates zu formulieren.[18]
Russische Offiziere machten auf ihrem Vormarsch durch das eigene Land nach Westen und auf ihrem Rückweg neue Erfahrungen und begannen, die gesellschaftlichen Wirklichkeiten und die politischen Verhältnisse im Russischen Reich zu hinterfragen. Aus der Enttäuschung über ausbleibende Veränderungen in der Regierungszeit unter Aleksandr I. wagten einige dieser Offiziere im Dezember 1825 sogar einen Staatsstreich. Mit dem bereits in der Ausführung gescheiterten politischen Aufbegehren bot der Dekabristenaufstand den Anlass zur repressiveren Politik von Nikolaj I.[19]
Ungeachtet der reformorientierten Hoffnungen im adligen Offizierskorps konsolidierte und legitimisierte sich das zarische Regime durch den Triumph über Napoleon. Die Autokratie und das System der Leibeigenschaft gingen gefestigt aus dem Krieg hervor. Entgegen vieler Ängste im russischen Adel hatten die Bauern die Kriegswirren von 1812 nicht zu flächendeckenden Aufständen gegen die Gutsherrschaft genutzt.[20] Die althergebrachte Ordnung schien sich in Zeiten größter Bedrohung bewährt zu haben. Darin wäre ein Grund zu sehen, warum viele dringend fällige Reformen nach 1815 unterblieben. Geblendet vom glanzvollen Kriegstriumph gab sich das Russische Kaiserreich bereitwillig dem Glauben hin, nach dem Ende der Napoleonischen Ära die eigene Stellung als Hegemonialmacht gestärkt und durch die Idee der Heiligen Allianz in Europa gesichert zu haben. So schlug die zarische Armee 1830/31 und 1848/49 die revolutionären Erhebungen in Polen und Ungarn rücksichtslos nieder. Die erforderliche Modernisierung des Militärwesens verpassten die Verantwortlichen in Sankt Petersburg jedoch. Erst angesichts der schmählichen Niederlage im Krimkrieg 1853/56 erkannte die Regierung erschüttert, wie groß der Reformbedarf in Staat, Militär und Gesellschaft geworden war.[21]
Mit dem Jahr 1812 wuchs auch in Russland das Streben nach einer nationalen Selbstfindung. Die Entwicklungen und Verwerfungen der Zeit von 1789 bis 1815 bewogen einen wachsenden Teil der russischen Elite dazu, den universellen zivilisatorischen Anspruch der europäischen Aufklärung zu hinterfragen und nach eigenen kulturellen Ursprüngen zu suchen. Kulturtreibende und Politiker wandten sich nun stärker der russischen Sprache und der Volkskultur des Imperiums zu.[22] Auch der Petersburger Hof umgab sich mit betont „russischen“ Elementen, die nun – ob in der Architektur oder in der Kleidung – die demonstrative Nähe zum eigenen Volk zum Ausdruck brachten.
Die Ausrichtung auf den europäischen Westen stieß zunehmend auf Kritik und wurde nun Gegenstand politischer Polemik. Russland dürfe nicht länger blind dem westlichen Geschichtsverlauf zu einem modernen Verfassungsstaat folgen, sondern müsse sich seiner traditionellen Formen des sozialen Zusammenhalts und seines historischen Erbes bewusst werden, um so seinen eigenen Weg in der Geschichte zu finden. Diese große Suche drehte sich um imaginäre Entwürfe von Russlands nationaler Identität, um die heftig gerungen wurde, und um die Überlegenheit der eigenen kulturellen Traditionen.[23]
An den russischen Universitäten wurden neue Lehrstühle für Geschichtswissenschaft eingerichtet, neue Lehrbücher aufgelegt, und in den Provinzen des Zarenreichs bildeten sich historische Gesellschaften. Die „vaterländische“ Geschichte avancierte zu einem der zentralen Austragungsorte der drängenden Fragen nach Russlands Wesen und Bestimmung. Die Aufgabe umfasste nicht weniger, als der Vergangenheit des eigenen Landes eine herausragende Bedeutung zuzuschreiben, dadurch der Gegenwart einen sinnstiftenden Horizont zu verleihen und tragfähige Zukunftsvisionen zu entwerfen. In dieser Situation des gesellschaftlichen Wandels gewannen Erinnerungskultur und Geschichtspolitik eine immer wichtiger werdende Rolle für die gesamte politische Kommunikation.
Erinnerungsarbeit: Ziele und ihre Medien
Zur Erfindung der Nation eignete sich die Erinnerung an die Kriegsereignisse von 1812–1814 hervorragend. Die zeitgenössische mediale Inszenierung des Russlandfeldzuges bereitete die griffigen Erzählungen über den „Krieg von 1812“ vor.[24] Diese Narrative wurden in die nationale Mythenbildung integriert und bildeten die Grundlage für die offizielle wie die populäre Gedächtnisstiftung.[25] Vor allem die Literatur und die Musik trugen zur Monumentalisierung des Krieges von 1812 bei. So entstand ein Kanon von Topoi und Bildern zur Darstellung der Kriegsereignisse. Bis heute greifen kinematografische Inszenierungen, die im Jahr 1912 einsetzten, auf diesen Kanon zurück.[26]
An Verstand und Emotionen appellierende Erzählungen handelten von Katastrophe und Opfer, von Mobilisierung und Sieg, sie richteten sich an Zeitzeugen und die Nachwelt und wurden zu Leitlinien der nationalen Gedächtnisstiftung. Die turbulenten Ereignisse der Kriegsjahre wurden im kulturellen Gedächtnis Russlands in der Chiffre 1812 verdichtet und als „Vaterländischer Krieg“ verklärt, um den Triumph des autokratischen Prinzips und den imperialen Charakter des Sieges national zu deuten. Das Schlachtfeld von Borodino galt als der Ort, auf dem das Bündnis von Bauern und Adligen durch die gemeinsame Aufopferung geschmiedet worden sei und die „wahren Söhne des Vaterlands“ erstmals zur russischen Nation zueinander gefunden hätten.
Lev Tolstoj entfaltete im Rahmen seines Romans Vojna i mir (Krieg und Frieden) die Idee des „Volkskrieges“ und legte damit eine folgenreiche Deutung des russischen Feldzuges vor. Historiker taten das Ihre, um die Vorstellung vom „Volkskrieg“ zu verbreiten. Geflissentlich übersahen die Spezialisten der Geschichtsschreibung den Umstand, dass nicht allein die Aufstände national motivierter Bewegungen, sondern „das Ancien Régime Europas“ den französischen Imperator zu Fall gebracht hatte.[27]
Als „weitaus größte[r] Mythenschöpfer“ hat Lev Tolstoj mit seinem 1868/69 veröffentlichten Roman „die Sicht des Volkes auf Russlands Sieg über Napoleon stärker geprägt als alle Geschichtsbücher, die je geschrieben wurden“.[28] Mit einem grandiosen Sittengemälde der Zeit und mit ausladenden geschichtsphilosophischen Exkursen setzte Tolstoj den „Vaterländischen Krieg“ in der Weltliteratur groß in Szene. Er zelebrierte einen elementaren russischen Patriotismus als den Kitt, der die Verteidiger der Heimaterde zusammengehalten habe. Tolstoj suchte bei seinen Schilderungen des epochalen Jahres 1812 vor allem nach Stoff für russisch ethnonationale Mythen, um mit literarischen Mitteln der nach seiner Ansicht schwach konturierten nationalen Werte- und Ideengemeinschaft zu mehr Sichtbarkeit und größerer Reichweite zu verhelfen. Die heroische Kulisse des bis dahin größten Krieges diente ihm zur Reflexion und Projektion, um Russlands geistige Substanz und sein Schicksal zu erkunden.
Wer über die Verzerrungen hinwegsieht, die dem Denkkorsett des historischen Materialismus geschuldet sind, erkennt, dass die sowjetische Interpretation der napoleonischen Kriege in vielem der Darstellung Tolstojs verpflichtet war. Sowjetische Historiker taten alles, um sich nicht einzugestehen, dass „jenes Russland, das Napoleon besiegte, ein aristokratisches, dynastisches und multiethnisches Reich war“.[29] Nicht ins Bild passte auch die multinationale Zusammensetzung des Offizierskorps. Bei der Schlacht von Borodino trug nur weniger als die Hälfte der Stabsoffiziere der zarischen Armee slawische Familiennamen.[30] Statt diese Erkenntnis angemessen zu interpretieren, gaben sich die sowjetischen Historiker einem russischen Kriegspatriotismus hin, um angesichts der großen Bedrohung durch einen „äußeren“ Feind in Gestalt des kapitalistischen Westens die fiktive „Einheit des Volkes“ zu feiern.
Nach 1945 wurde der „Vaterländische Krieg von 1812“ in Geschichtspolitik und Erinnerungskultur vom Sieg im „Großen Vaterländischen Krieg von 1941–45“ überstrahlt. Der Triumph der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg erschien schon wegen der 27 Millionen Kriegstoten um vieles aufopferungsvoller und daher glorreicher. Wer heute den 1995 fertiggestellten Park Pobedy in Moskau besucht, dem erschließt sich in diesem groß dimensionierten Siegespark sowohl die inszenierte Nähe von 1945 und 1812 als auch die eindeutige Rangfolge, welcher Kriegstriumph als der monumentalere gilt.[31]
Je länger der Zweite Weltkrieg zurückliegt, desto stärker wird die Kontinuität zwischen den beiden Kriegen in der offiziellen Erinnerungskultur Russlands rhetorisch und inszenatorisch betont. Den eindrucksvollsten Beleg für die erstarkte gesellschaftspolitische Konjunktur des „Vaterländischen Krieges“ von 1812 stellte eine vierteilige sowjetische Filmproduktion von 1965–1967 dar. Das Regieteam um Sergej Bondarčuk brachte mit finanzieller und logistischer Unterstützung des Staates und der Armee Lev Tolstojs zweitausend Seiten starken Roman in großartigen Bildern des Kameramanns Anatolij Petrickij auf die Kinoleinwand. Dieses monumentale Filmepos Vojna i mir erwies sich als die teuerste Produktion der gesamten sowjetischen Filmgeschichte.[32] Er wurde 1969 von der Amerikanischen Filmakademie als bester ausländischer Film ausgezeichnet und erhielt den Academy Award of Merit (Oscar).
Nachdem die 1956 unter der Regie von King Vidor entstandene amerikanisch-italienische Romanverfilmung unter dem Titel War and Peace weltweit große Aufmerksamkeit gefunden hatte, ging es den Moskauer Film- und Geschichtspolitikern mit dem Bondarčuk-Projekt, das bereits 1961 angestoßen worden war, nicht zuletzt darum, in der erbitterten Systemkonkurrenz des Kalten Krieges die filmische Deutungshoheit über die eigene Geschichte wieder zu erlangen.
Im Jahr 1975, auf dem Höhepunkt der Entspannungspolitik, erschien dann Woody Allens einfallsreiche und groteske Filmsatire Love and Death (dt.: Die letzte Nacht des Boris Gruschenko). Vor der historischen Kulisse des Russlandfeldzuges Napoleons stellt Woody Allen deutlich erkennbare Bezüge zu dem Roman Tolstojs her und parodiert nicht nur die russischen Mythen und im Westen verbreiteten Klischees, sondern stellt allgemein so große Themen wie Militarismus, Sex und Religion in Frage. Im einem auffälligen Kontrast zu diesem sarkastischen Witz steht der melodramatische Charakter der jüngsten Verfilmung des Tolstojschen Romans, mit der Regisseur Robert Dornhelm Millionen von Fernsehzuschauern die Ereignisse von 1812 auf eingängige Weise vermittelt.[33]
Auch die Musik diente zur medialen Inszenierung des Kriegs. Zum siebzigsten Jahrestag der Ereignisse komponierte Petr I. Čajkovskij die Festouvertüre 1812. Sie ist ein Paradebeispiel dafür, wie nachhaltig die Erinnerungsstiftung an den Krieg gegen Napoleon im Russischen Kaiserreich gewirkt hatte. Denn mit dieser Ouvertüre schuf Čajkovskij einen „akustischen Erinnerungsort“. Čajkovskijs 1812 ist ein weit über Russland hinaus bekanntes, viel gespieltes Werk. Sein Erfolg liegt in der überwältigenden Instrumentation.[34]
Tolstojs Roman Krieg und Frieden und Čajkovskijs Ouvertüre 1812 sind weltweit in das Repertoire der medialen Inszenierung von Krieg eingegangen. Ebenfalls zeigen die internationalen Verfilmungen von Krieg und Frieden, dass die Kriegsereignisse von 1812 und ihre künstlerische Verarbeitung in Europa und in den USA Kultur und Öffentlichkeit auch nach zwei Jahrhunderten noch bewegen.
Die Beiträge in diesem Heft spüren dieser transnationalen Wirkungsgeschichte des „Vaterländischen Krieges von 1812“ nach. Die Autorinnen und Autoren legen am Fall von Russland die vielfältigen Schichten der Erinnerung frei. Dieses „archäologische“ Vorgehen lässt deutlich werden, dass Historiker und Künstler mit ihren Interpretationen und Inszenierungen von 1812 wirksame Mythen schufen, die weit mehr als einen Beitrag zur Konstruktion oder zur Bestätigung nationaler Identität geleistet haben.
Die mit „1812“ verbundenen Zuschreibungen und Sinnstiftungen spielen bis heute eine entscheidende Rolle in der russischen Politik. Sie dienen dazu, um kulturelle Selbstbehauptung zu demonstrieren. Sie schlagen sich in Dingen des Alltags wie der Kleidung, dem Essen oder im Sprachgebrauch nieder. Ziel dieses Themenhefts ist es daher, im europäischen Dialog die tradierten Sichtweisen auf die Kriegsereignisse von 1812 zu hinterfragen und den Stellenwert von 1812 in der Geschichte und der Erinnerungskultur Russlands in ihrem europäischen Kontext näher zu bestimmen.
[1] „Karl Friedrich Schinkel. Geschichte und Poesie“. Sonderausstellungshallen Kulturforum Berlin. Eine Ausstellung der Staatlichen Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett (7.9.2012– 6.1.2013) in Kooperation mit der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung München (1.2.2013– 12.5.2013).
[2] Klassizistisches Erbe: Schinkel-Ausstellung in Berlin, dapd-Videokanal, 7.9.2012, 14:53, <www.sueddeutsche.de/panorama/klassizistisches-erbe-schinkel-ausstellung-in-berlin-1.1461934>.
[3] Den Ereignissen von 1812 widmete sich ein Interdisziplinäres Symposium an der Universität Tübingen. Das Symposium wurde vom BMBF, von der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und vom Förderverein Geschichte an der Universität Tübingen gefördert. – 1812 in der Geschichte Europas: Erwartungen, Enttäuschungen, Erinnerungen. 14.6.2012–16.6.2012, Tübingen, in: H-Soz-u-Kult, 20.9.2012,
<http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=4387>.
An der Universität Freiburg arbeitet unter Leitung von Elisabeth Cheauré die DFG-Forschergruppe „Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen der Gegenwart“. Sie untersucht „Napoleon, Borodino und der ,Vaterländische Krieg‘: Zur Popularisierung im Kontext nationaler Identitätsfindung in Russland“.
[4] Alan Palmer: Alexander I. – Gegenspieler Napoleons. Esslingen 1982. – Adam Zamoyski: Napoleon’s Fatal March on Moscow 1812. London 2004. – Michael Adams: Napoleon and Russia. London 2006. – Charles Esdaile: Napoleon’s Wars. An International History 1803–1815. London 2007. – Dominic Lieven: Russia Against Napoleon: The Battle for Europe, 1807 to 1814. London 2010. – Die deutschen Ausgaben von Dominic Lieven: Russland gegen Napoleon. Die Schlacht um Europa. München 2011, sowie von Adam Zamoyski rezensiert Dietrich Beyrau: 1812. Napoleons Feldzug in Russland. München 2012, in: H-Soz-u-Kult, 8.10.2012, <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2012-4-021>.
[5] Zur Geschichte und Struktur der russischen Armee: Dietrich Beyrau: Militär und Gesellschaft im vorrevolutionären Russland. Köln 1984. – Roger Reese (Hg.): The Russian Imperial Army, 1796–1917. Aldershot 2006. – Alexander Mikaberidze: Russian Officer Corps in the Revolutionary and Napoleonic Wars, 1796–1815. Staplehurst 2005.
[6] Anke Muhlstein: Der Brand von Moskau. Napoleon in Russland. Frankfurt/Main 2008.
[7] Exemplarisch ist die Berichterstattung der „Münchener politischen Zeitung“ im Oktober 1812, die ab der Nummer 237 die Ereignisse in Moskau aus verschiedenen Perspektiven und mit Hilfe diverser Quellen beleuchtet: Münchener politische Zeitung, 13/1812,
<www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb10505723-1>.
[8] Gesellschaftsblatt für gebildete Stände, 47/15. Juni 1814, Sp. 375.
[9] Herausragende Medienereignisse sind in konzeptueller Hinsicht im Rahmen des Graduierten-Kollegs „Transnationale Medienereignisse“ an der Universität Gießen erläutert worden: Sie zeichnen sich durch einen hohen Grad medialer Aufmerksamkeit und durch eine spürbare Intensivierung der Kommunikationsprozesse aus; damit eröffnen sie grenzübergreifende Kommunikationsräume; Frank Bösch: Europäische Medienereignisse, in: Europäische Geschichte Online 2010, <www.ieg-ego.eu/de/threads/europaeische-medien/europaeische-medienereignisse>.
[10] Friedensblätter, 67/3. Dezember 1814, S. 275.
[11] Birgit Verwiebe: Lichtspiele: Vom Mondscheintransparent zum Diorama. Stuttgart 1997.
[12] Von diesem Transparentgemälde des Kaiserlichen bayerischen Hofmalers Joseph Klotz, über das vor allem Wiener und Münchner Zeitungen ausführlich berichteten, sind leider keine Bildzeugnisse erhalten. Die großformatige Darstellung folgte wahrscheinlich einer Bildvorlage aus: Carl von Rechberg, Georges Bernard Depping: Les peuples de la Russie, ou description des moeurs, usages et costumes des diverses nations de l’empire de Russie. Accompagnée de figures colorées. Paris 1812. Hinweis auf das Werk finden sich in: Friedensblätter, 67/3. Dezember 1814, S. 275.
[13] Gesellschaftsblatt, 47, 15. Juni 1814, Sp. 373-374. – Friedensblätter, 67/3. Dezember 1814, S. 275.
[14] Es handelte sich um das Theaterstück „Die Vergeltung“ über den alten Leibkutscher des russischen Zaren Peter III. Aus gegebenem Anlass wurde das Figurenpersonal aktualisiert: „man setzte statt ersteren einen invaliden Gardisten und statt letzteren den Kaiser Alexander, und traf noch andere, mehr in die Zeit hereingehörende Veränderungen“, in: Gesellschaftsblatt, 47/15. Juni 1814, Sp. 370.
[15] Ebd., Sp. 372.
[16] Ebd., Sp. 373.
[17] Wolfram Pyta: Das europäische Mächtekonzert. Friedens- und Sicherheitspolitik vom Wiener Kongress 1815 bis zum Krimkrieg 1853. Köln 2009. – Matthias Schulz: Normen und Praxis. Das europäische Konzert der Großmächte als Sicherheitsrat, 1815 – 1860. München 2009.
[18] Zur differenzierten Darstellung der Begriffe „Befreiungskriege“ und „Freiheitskriege“ in diesem Zusammenhang Peter Brandt: Die Befreiungskriege von 1813 bis 1815 in der deutschen Geschichte, in: Michael Grüttner, Rüdiger Hachtmann, Heinz-Gerhard Haupt (Hg.): Geschichte und Emanzipation. Festschrift für Reinhard Rürup. Frankfurt/Main 1999, S. 17–57. – Ute Planert: Der Mythos vom Befreiungskrieg. Frankreichs Kriege und der deutsche Süden. Alltag–Wahrnehmung–Deutung 1792–1841. Paderborn 2007.
[19] Zu den Dekabristen und ihrer nachträglichen Glorifizierung Hans Lemberg: Die Dekabristen, in: Klaus Zernack (Hg.): Handbuch der Geschichte Russlands. Band 2: 1613–1856: Vom Randstaat zur Hegemonialmacht. Stuttgart 2001, S. 1024–1056. – Ludmilla A. Trigos: The Decembrist Myth in Russian Culture. New York 2009.
[20] Aus dem ambivalenten Verhältnis zwischen der bäuerischen Bevölkerung und den herrschenden Eliten entsteht noch in den Kriegsjahren die Idee eines Volkskrieges; dazu Vadim Parsamov und Elena Višlenkova in diesem Band, S. 15–27 bzw. S. 51–60.
[21] Ben Eklof u.a. (Hg.): Russia’s Great Reforms, 1855–1881. Bloomington 1994. – Orlando Figes: Krimkrieg. Der letzte Feldzug. Berlin 2011.
[22] Elena Višlenkova: Vizual’noe narodovedenie imperii, ili „Uvidet’ russkogo dano ne každomu“. Moskva 2011.
[23] Einen Höhepunkt dieser Suche stellte 1836 die Kontroverse zwischen den „Westlern“ und den „Slavophilen“ dar. Sie war ein ideengeschichtliches Erdbeben, veränderte die russische Kultur im 19. Jahrhundert und prägte ihre weitere Entwicklung; David Saunders: Russia in the Age of Reaction and Reform 1801–1881. London/ New York 1992, S. 148–172. – Alexander Martin: Romantics, Reformers, Reactionaries. Russian Conservative Thought and Politics in the Reign of Alexander I. DeKalb 1997. – Jekaterina Lebedewa: Russische Träume. Die Slawophilen – ein Kulturphänomen. Berlin 2008. – Laura Engelstein: Slavophile Empire. Imperial Russia’s Illiberal Path. New York 2009.
[24] Der visuellen Vermittlung des Kriegsgeschehens kommt eine herausragende Bedeutung zu. Gedruckte Karikaturen waren während der Napoleonischen Kriege weit verbreitet; siehe dazu den Beitrag von Elena Višlenkova in diesem Band, S. 51–60.
[25] Die jeweiligen Aktualisierungen und Transformationen der Erinnerung an die Ereignisse von 1812 im 20. Jahrhundert schildern Elisabeth Cheauré, Konstantin Rapp und Igor’ Ermačenko in diesem Band.
[26] Eine Übersicht über internationale Kino- und Fernsehproduktionen bietet Dmitrij Karavaev: 1812 geroi ėkranogo ėposa: istoričeskie persony ėpochi Otečestvennoj vojny 1812 goda na kino- i teleėkrane. Moskva 2012.
[27] Lieven, Russland [Fn. 4], S. 632. – In diesem Band, S. 15–27, widmet sich Vadim Parsamov dem Ideologem des „Volkskriegs“ von 1812 bis ins 20. Jahrhundert.
[28] Lieven, Russland [Fn. 4], S. 630.
[29] Ebd.
[30] Ebd., S. 633. – Alexander Mikaberidze: The Russian Officer Corps in the Revolutionary and Napoleonic Wars 1792–1815. New York 2005.
[31] Dazu den Beitrag von Regine Nohejl in diesem Band, S. 61–74.
[32] Über die Umstände des Auftrags, die Dreharbeiten und das Nachleben des Films gibt das Dokumentationsmaterial detailliert Auskunft, das auf der restaurierten Digitalausgabe des Films enthalten ist: Krieg und Frieden / Vojna i mir / War and peace, Reg. Sergej F. Bondarčuk, 4 DVDs, 405 Min., 83 Min. Bonusmaterial, Berlin 2006.
[33] Den neuen Verfilmungen der Ereignisse von 1812 widmet sich Christine Engel in diesem Band, S. 93–102.
[34] Siehe dazu den Beitrag von Boris Belge in diesem Band, S. 83–92.
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