Unheilige Allianz
Russlands Unterstützung für das Assad-Regim
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Abstract
Russland hat sich zur zentralen Schutzmacht des Assad-Regimes in Syrien aufgeschwungen. Warum geht Moskau ein so großes diplomatisches Risiko ein? Historische Verbundenheit und Sehnsucht nach vergangener Größe reichen als Erklärung nicht aus. Auch die ökonomischen und strategischen Interessen Russlands in Syrien sind nicht allzu groß. Eine gewisse Rolle spielt die Furcht vor radikalen Islamisten, die nach einem Sieg im syrischen Bürgerkrieg den Nordkaukasus destabilisieren könnten. Das entscheidende Motiv für Moskaus Syrienpolitik ist jedoch, dass Putin und seine Entourage nach dem Sturz Gaddafis in Libyen und dem Aufkommen der Protestbewegung in Russland selbst um jeden Preis einen von außen unterstützten Regimewechsel verhindern wollen.
(Osteuropa 9/2013, S. 1744)
Volltext
Russland hat sich zur zentralen Schutzmacht des Assad-Regimes in Syrien aufgeschwungen. Warum geht Moskau ein so großes diplomatisches Risiko ein? Historische Verbundenheit und Sehnsucht nach vergangener Größe reichen als Erklärung nicht aus. Auch die ökonomischen und strategischen Interessen Russlands in Syrien sind nicht allzu groß. Eine gewisse Rolle spielt die Furcht vor radikalen Islamisten, die nach einem Sieg im syrischen Bürgerkrieg den Nordkaukasus destabilisieren könnten. Das entscheidende Motiv für Moskaus Syrienpolitik ist jedoch, dass Putin und seine Entourage nach dem Sturz Gaddafis in Libyen und dem Aufkommen der Protestbewegung in Russland selbst um jeden Preis einen von außen unterstützten Regimewechsel verhindern wollen.
Der Bürgerkrieg in Syrien ist seit dem Frühjahr 2011 immer weiter eskaliert, die Lage der Zivilbevölkerung wird immer schlimmer. Die Stabilität der gesamten Region ist in Gefahr. Der syrische Präsidenten Baschar al-Assad will diesen Machtkampf mit brutaler Gewalt für sich entscheiden. Das hat tiefe politische Konfliktlinien offengelegt: Im Nahen Osten ist der Iran der treueste Verbündete Assads und seines von schiitischen Alawiten dominierten Staates. Auf globaler Ebene ist es Russland, das mehr als jede andere Macht seine schützende diplomatische Hand über den syrischen Staat gehalten und ihn mit Waffenlieferungen unterstützt hat. Auch wenn Moskau erklärt, man müsse „ausgleichend“ zwischen den Bürgerkriegsparteien in Syrien wirken, ergriff Russland faktisch Partei für das Regime in Damaskus. Damit isolierte sich Russland international immer mehr. Selbst China hat sich für Zurückhaltung entschieden.
Die entscheidende Frage lautet: Warum beharrt Russland in der Syrienkrise so konsequent auf einer Position, die nicht nur der westlichen entgegengesetzt ist, sondern auch der der meisten arabischen und muslimischen Staaten? Warum hat Moskau Damaskus im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gedeckt und sträubt sich so dagegen, die Legitimität des Assad-Regimes in Frage zu stellen, obwohl diese ungeheuerliche Menschenrechtsverstöße begangen hat?
Russlands Haltung lässt sich zum Teil mit der traditionellen Abneigung gegen oder sogar Furcht vor Militärinterventionen unter westlicher Führung erklären. Strukturelle Gründe spielen dafür ebenso eine Rolle wie Normen.[1] In der Regel konnte Russland jedoch auf die Unterstützung einer bedeutenden Zahl gleichgesinnter Staaten zählen, die ebenfalls die Staatssouveränität als höchstes Gut sehen. Auch hat Russland Interventionen unter westlicher Führung nicht immer verurteilt. Moskau stimmte im Herbst 2001 im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen für die Resolutionen, auf die sich der Afghanistan-Einsatz stützte (Resolutionen 1368 und 1386). Ebenso verzichtete Moskau darauf, das Mandat der Vereinten Nationen zur Errichtung einer Flugverbotszone über Libyen im März 2011 zu blockieren (Resolution 1973). Im Falle Syriens waren bislang weder die NATO noch die Vereinigten Staaten oder irgendein anderer westlicher Staat begeistert von der Idee, eine Flugverbotszone einzurichten oder in irgendeiner anderen Form zu intervenieren, auch wenn dies im August 2013 für kurze Zeit anders aussah.
Um Russlands Syrienpolitik zu verstehen, reicht es daher nicht, lediglich auf die allgemeine Kritik an westlichen Interventionen hinzuweisen, die nach Moskauer Darstellung gegen zentrale Prinzipien des Völkerrechts verstoßen. Denn Russlands Haltung zu Syrien ist eindeutig von der Rebellion in Libyen, dem internationalen Militäreinsatz und dem Sturz des Gaddafi-Regimes beeinflusst.
Russlands Haltung zum Syrien-Konflikt läuft im Kern auf die Auffassung hinaus, dass ein von außen betriebener Regimewechsel illegitim sei. Im Zentrum dieser Sicht steht das Prinzip der territorialen Souveränität; zurückgewiesen wird die Vorstellung, dass Staaten sich an Kriterien für politische Legitimität halten müssen, wie sie im Westen formuliert wurden. Diese Haltung vertritt Russland wieder mit besonderem Nachdruck, seit Vladimir Putin erneut als Präsident amtiert. Die außenpolitische Konzeption des russländischen Außenministeriums vom Februar 2013 kritisiert, dass „die Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen willkürlich ausgelegt und Konzepte umgesetzt werden, die darauf abzielen, die legale Staatsmacht souveräner Staaten unter dem Vorwand des Schutzes der Zivilbevölkerung zu stürzen“. Alle Versuche, „Krisen durch unilaterale Sanktionen und andere Zwangsmaßnahmen zu regulieren“, stellten eine „Gefahr für den Weltfrieden“ dar.[2]
Doch sind auch andere Motive für Russlands Beharren auf seiner Position speziell in der Syrienkrise auf ihre Plausibilität zu prüfen. Zunächst sind das Selbstverständnis Russlands sowie historische Bindungen zwischen Moskau und Damaskus unter die Lupe zu nehmen. Sodann müssen Russlands materielle Interessen an den Beziehungen zu Syrien unter seinen gegenwärtigen Machthabern sowie Moskaus geopolitischen Interessen im Nahen Osten untersucht werden. Schließlich ist nach den Auswirkungen der Syrienkrise für Russlands innere Ordnung zu fragen. Zwei Aspekte sind dabei von Bedeutung: zum einen die Befürchtung, dass ein Erfolg der Rebellen in Syrien über islamistische Netzwerke die Aufstandsbewegung im Nordkaukasus beflügeln könnte; zum anderen die Wahrnehmung, dass Syrien ein weiterer Fall ist, in dem die westliche Staatengemeinschaft die politische Legitimität eines autoritären Staates und seiner Führung infrage stellt.
Wie wir sehen werden, sind es keineswegs eine besondere Solidarität mit der syrischen Führung oder die Erwartung eines materiellen Nutzens, die Moskau bislang fest an der Seite von Damaskus haben stehen lassen. Vielmehr spiegelt Moskaus Beharren auf überkommene Rechtsprinzipien und Verhaltensregeln in der Syrienfrage die ganz konkrete Sorge um den Erhalt des eigenen Regimes sowie den der postsowjetischen Nachbarstaaten Russlands.
Die Intervention in Libyen und der Weg zum Regimewechsel
Am 17. März 2011 verabschiedete der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die Resolution 1973, mit der er die Einrichtung einer Flugverbotszone über Libyen billigte. Nie zuvor hatte der Sicherheitsrat auf der Basis von Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen ein solch weitreichendes Mandat zur Anwendung militärischer Gewalt zu humanitären Zwecken gegen den Willen eines intakten Staates verabschiedet. Russland und vier weitere skeptische Mitglieder des Sicherheitsrats enthielten sich bei der entscheidenden Abstimmung der Stimme. In der Debatte vor der Annahme von Resolution 1973 hatte es keine offiziellen Stellungnahmen aus Russland gegeben, die von denen der übrigen Mitglieder des Sicherheitsrats erheblich abgewichen wären. Moskau hatte nicht darauf gedrungen, dass die Souveränität Libyens stärker betont werden solle als die Notwendigkeit, auf die dramatische Lage der Zivilbevölkerung mit Zwangsmaßnahmen zu reagieren.[3] Doch schon wenige Tage nach der Verabschiedung der Resolution bezeichnete Putin, der zu dieser Zeit noch Ministerpräsident war, den Beschluss als „einen Aufruf zu einem mittelalterlichen Kreuzzug“.[4] Es war offensichtlich, dass er mit dieser für ihn typischen populistischen Kritik an der Politik der USA nationalistische Stimmungen im eigenen Lande bedienen wollte.
Ab Ende März 2011 äußerte sich Russland immer kritischer über die militärische Umsetzung des Sicherheitsrats-Mandats. Besonders missfiel Moskau, dass die beteiligten Staaten nun deutlicher einen Sturz des Gaddafi-Regimes anstrebten und der Einsatz von Bodentruppen wahrscheinlicher wurde. Weder für Präsident Medvedev noch für klarsichtige Diplomaten und Militärs wird dies wirklich eine Überraschung gewesen sein. Bereits Ende April deutete Medvedev an, dass Gaddafi zurücktreten müsse. Einen Monat später räumte er nach einem G8-Gipfel ein, dass die beteiligten acht Staatschefs sich einig gewesen seien, dass das Gaddafi-Regime seine Legitimität verloren habe und der Oberst zurücktreten müsse.[5]
Dennoch ließ der Begriff des Regimewechsels in Moskau alle Alarmglocken läuten, denn in ihm kam nicht nur die Sicht des Westens zum Ausdruck, dass die libysche Führung keine Legitimität mehr habe, sondern er implizierte auch, dass die laufende Militäraktion eindeutig der Unterstützung der bewaffneten Gegner des Regimes dient und damit über das Mandat des Sicherheitsrats hinausgeht. Russlands Außenminister Lavrov erklärte, wer einen Regimewechsel fordere, reduziere die Bereitschaft der Aufständischen zu Kompromissen und zur Unterzeichnung eines Waffenstillstandsabkommens. Wie später in seinen Stellungnahmen zum Syrienkonflikt argumentierte Lavrov bereits im Frühjahr und im Sommer 2011, real bestünde die Gefahr, die Hoffnung könne „ansteckend“ wirken, dass „die Ausländer uns beim Sturz des Regimes helfen“ werden. Es sei nicht unwahrscheinlich, so Lavrov, dass auch „in anderen Ländern der Region“ Demonstranten beginnen würden, sich Hoffnung auf die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft zu machen. Dies wäre „eine Einladung zu einer ganzen Reihe von Bürgerkriegen“.[6]
Als die westlichen Staaten den Einsatz in Libyen ausweiteten, beschuldigte Russland die Koalitionsstreitkräfte zahlreicher Verstöße gegen Resolution 1973: Insbesondere kritisierte Moskau, dass Gaddafi und seinen Verwandten zu „legitimen Zielen“ erklärt wurden, was schließlich dazu führte, dass sein Konvoi bombardiert wurde, als er zu fliehen versuchte; die „unverhältnismäßige Anwendung von Gewalt“, die zum Tod von Zivilisten geführt habe und die gezielten Angriffe auf staatliche Infrastruktur sowie auf zivile Einrichtungen.[7] Russland bereitete sich auch darauf vor, sich einer Aufhebung des UN-Waffenembargos für Libyen und einer Bodenoffensive westlicher Staaten zu widersetzen.
Besonders erzürnte Moskau, dass es die Sicherheitsrats-Resolution 1973 nicht dazu einsetzen konnte, um die Operationen der Koalition zu begrenzen: Als die NATO im März 2011 das Kommando über die Operationen in Libyen übernahm, forderte Russland, der Sicherheitsrat solle untersuchen, ob der Einsatz mit dem Mandat in Resolution 1973 zu vereinbaren sei. Mit dieser Forderung, hinter der das Ansinnen stand, auch andere mögliche Auslandseinsätze der NATO einzuschränken, drang Russland jedoch nicht durch. Ausmanövriert fühlte sich Moskau auch durch die Bildung einer internationalen Kontaktgruppe, die politische Empfehlungen für die Operationen in Libyen geben sollte. Russland erklärte, eine solche Gruppe verfüge über keine völkerrechtliche Legitimität und trat ihr, als sie sich dennoch formierte, nicht bei.
Diplomatischer Schutz für das Assad-Regime
In dem Maße, in dem Russland seine Kritik am Vorgehen der westlichen Staaten in Libyen verschärfte, begann Moskau auch, den bloßen Gedanken einer ähnlichen Reaktion der internationalen Staatengemeinschaft in der heraufziehenden Syrienkrise zurückzuweisen. Lavrov erklärte, dass der „Versuch, die libyschen Erfahrungen in anderen Ländern und Regionen zu reproduzieren“ – wie etwa in Syrien, dem Jemen oder Bahrain –, „sehr gefährlich“ sei.[8] Syrien unterscheide sich grundlegend von Libyen, da die Gegner des Assad-Regimes von Beginn an auf Gewalt gesetzt hätten.[9]
Im Unterschied zur Libyenkrise versuchte Russland im Fall Syrien von Beginn an zu erreichen, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen sich möglichst wenig mit der Sache beschäftigt. So erklärte Russland im Juni 2011, die Situation in Syrien stelle „keine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit“ dar – was impliziert, dass Russland die Voraussetzungen für Maßnahmen des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der VN-Charta nicht gegeben sieht. Vielmehr könne gerade eine Einmischung in Syriens innere Angelegenheiten „schwerwiegende Folgen für den Nahen Osten“ haben.[10] Selbst Sanktionen gegen Syrien schloss Moskau kategorisch aus.
Stattdessen erklärte Moskau, dass die Reaktion auf die Krise im Jemen ein Vorbild für den Umgang mit Syrien sei. Dort hätten „alle externen Akteure überaus geduldig, beharrlich und ohne Ultimaten mit allen Seiten zusammengearbeitet und diese zu Kompromissen bewogen“.[11]
Im August 2011 erklärte dann Präsident Medvedev zwar, dass Russlands Bereitschaft, das syrische Regime zu schützen, Grenzen habe, und warnte, Assad erwarte „ein düsteres Schicksal“, wenn er es versäume, Reformen anzustoßen und sich mit der Opposition zu versöhnen.[12] Doch obwohl Damaskus seither jedwede Reform verweigert hat und sich unnachgiebig gegenüber allen Vorschlägen für eine ernsthafte Vermittlung im Konflikt mit der Opposition zeigt, ist Moskau nicht von Assads Regime abgerückt und hat die Legitimität seiner Herrschaft nicht in Frage gestellt. Vielmehr verhärtete sich die Position Russlands nach der erneuten Wahl Vladimir Putins zum Präsidenten im Frühjahr 2012 wieder.
Einige Beobachter in Russland behaupten, Moskau verfüge nicht über die Hebel, um Assad zu beeinflussen, und die Vorstellung einer Allianz zwischen Russland und Syrien sei ein Mythos.[13] Russland liefert jedoch beständig Waffen an das Assad-Regime und bietet ihm konsequent diplomatischen Schutz, so dass es sich eindeutig um ein Zweckbündnis handelt.
Als die Arabische Liga beschloss, Sanktionen gegen Syrien zu verhängen und Assads brutales Vorgehen scharf kritisierte, schloss sich Moskau diesem Beschluss nicht an. Im Falle Libyens hatte Russland einen ähnlichen Beschluss noch als Ausdruck „regionaler Legimitation“ anerkannt. Russland weigerte sich, jedwede Maßnahme zu unterstützen, die zu einer Ablösung des Assad-Regimes führen könnten – und seien es nur schärfere Sanktionen. Um eine Sicherheitsratsresolution zu Syrien zu verhindern, die nicht ausdrücklich eine ausländische Militärintervention ausschloss, stimmte Russland sich mit China ab und versuchte anfangs auch, andere Staaten der BRICS-Gruppe einzubinden.
Im Oktober 2011 verhinderten Moskau und Peking mit einem Veto eine von den westlichen Staaten eingebrachte Resolution des Sicherheitsrats, die „schwere und systematische Menschenrechtsverletzungen in Syrien“ verurteilte.[14] Im Februar 2012 legten Russland und China erneut Veto gegen einen neuen Resolutionsentwurf ein, der zwar scharf formuliert war, jedoch mögliche Zwangsmaßnahmen der Vereinten Nationen nicht einmal erwähnte. Alle 13 anderen Sicherheitsratsmitglieder – diesmal auch Brasilien, Indien und Südafrika – unterstützten die Resolution, so dass Russland nun recht isoliert war und nur noch China auf seiner Seite hatte.[15]
Als Reaktion auf die Blockade des Sicherheitsrats gründete eine Reihe von Staaten im Frühjahr 2012 eine Syrien-Kontaktgruppe, die sogenannte „Gruppe der Freunde Syriens“. Moskau verglich diese umgehend mit der Kontaktgruppe, die während der Libyenkrise gegründet worden war und erklärte: Die Bildung solcher selbstorganisierter Gruppen verstößt gegen das Völkerrecht und die VN-Charta, insbesondere da sie zum Zwecke einer [. . .] militärischen Intervention geschaffen werden.[16]
Offener zeigte sich Moskau gegenüber der von den Vereinten Nationen einberufenen „Aktionsgruppe“ für Syrien, an der sich die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats, einige arabische Staaten sowie Vertreter internationaler Organisationen beteiligten. Ende Juni 2012 präsentierte diese Gruppe ein sogenanntes Genfer Kommuniqué, das Eckpunkte für einen „politischen Übergangsprozess in syrischer Regie“ vorschlug. Dieses wichtige Dokument enthält jedoch keine Aussage zu der Frage, ob ein Rücktritt Assads Voraussetzung für die Bildung einer Übergangsregierung sei.[17]
Zuvor hatte sich Russland im März 2012 einem „Presidential Statement“ des VN-Sicherheitsrats angeschlossen, das Assad dazu aufrief, dem Friedensplan zuzustimmen, den der VN-Sondergesandte für Syrien, Kofi Annan, erarbeitet hatte.[18] Diese Erklärung forderte u.a. einen „politischen Prozess, an dem alle Seiten beteiligt sind“, einen Waffenstillstand und einen Rückzug aller bewaffneten Kräfte. Von Wahlen oder einer Machtübergabe, wie die Arabische Liga und die westlichen Staaten sie anstrebten, ist jedoch in der Erklärung nicht die Rede.[19] Im April folgte die Sicherheitsratsresolution 2042, die die Entsendung einer Beobachtermission vorsah.[20] Darüber hinaus forderte die Resolution Assad auf, seine Truppen aus Ballungszentren zurückzuziehen, was dieser jedoch nicht tat.
Im Mai 2012 wurde dann vor einem Treffen zwischen US-Präsident Barack Obama und Vladimir Putin, der nun wieder als Präsident amtierte, spekuliert, dass Russland einer Lösung nach dem Vorbild des Übergangs im Jemen zustimmen könnte, also einer Ablösung Assads durch einen weniger umstrittenen Nachfolger. Das Regime hätte weitgehend unangetastet bleiben und Russlands Interessen in Syrien, einschließlich seiner Handelsbeziehungen und seines Marinestützpunktes an der syrischen Küste gewahrt werden sollen.[21]
Doch es kam zu keiner solchen Abmachung – und selbst wenn, hätten die syrischen Rebellengruppen sie wohl abgelehnt. Seither haben westliche Diplomaten immer wieder vergebens versucht, Moskau dazu zu bewegen, dass es die Forderung nach einem Rücktritt Assads als Bedingung für die Bildung einer Übergangsregierung in Syrien unterstützt. Russland behauptet, es ginge ihm nicht um die gegenwärtige syrische Führung, und tatsächlich will Moskau sich vor allem als unverzichtbarer Vermittler in der Syrienfrage positionieren, um daraus politische Vorteile in der Region oder sogar auf der internationalen Bühne zu ziehen. Gleichwohl weigert sich Russland bislang, auf die Opposition zuzugehen.
Insbesondere will Russland dem Syrischen Nationalrat keine größere Rolle zubilligen, den es lediglich als eine von mehreren Gruppierungen betrachtet, in der sich nur prowestliche Exil-Intellektuelle und ehemalige Politiker zusammengeschlossen hätten. Gleichwohl unterhält Moskau begrenzte Kontakte zu dem Rat. Wohlwollender begegnet Moskau bisher säkularen Gegnern des syrischen Regimes wie dem Nationalen Koordinationskomitee für demokratischen Wandel, für die ein Dialog mit dem Regime in Damaskus eher in Betracht kommt. Die Freie Syrische Armee hingegen bezeichnet Russland als eine Gruppe von Extremisten und Islamisten. Ebenso weigert sich Moskau bislang, die Nationale Koalition syrischer Revolutions- und Oppositionskräfte zu akzeptieren, eine Dachorganisation, die im November 2012 in Doha gegründet wurde. Mit dieser Haltung hat sich Russland in Opposition zu den arabischen Golfstaaten, zur Türkei, zu den EU-Staaten, den USA und ungefähr hundert weiteren Staaten begeben, die die Nationale Koalition als legitime Vertretung des syrischen Volkes anerkennen.
Historische Verbundenheit und Loyalität als Motive der Syrienpolitik?
Welche Rolle spielt das Selbstverständnis Russlands für die Unterstützung des Assad-Regimes? Fühlt sich Moskau aus historischen Gründen zu Solidarität verpflichtet? Denken wichtige sicherheitspolitische Entscheidungsträger in Russland in den antagonistische Kategorien des Kalten Kriegs? Oder verbindet Putin und das Assad-Regime ganz einfach, dass beide territoriale Souveränität für das zentrale Prinzip der internationalen Beziehungen halten und eine Schutzverantwortung für die Zivilbevölkerung, wie sie westliche Staaten formulieren, zurückweisen?
Es ist anzunehmen, dass das Verhältnis zwischen der Sowjetunion und Syrien bis heute einen Einfluss auf das Denken der außen- und sicherheitspolitischen Entscheidungsträger in Russland hat. Das Baath-Regime, an dessen Spitze Baschar al-Assads Vater Hafiz bis zu seinem Tod im Jahr 2000 30 Jahre lang gestanden hatte, war seit den 1970er Jahren der einzige standhafte Verbündete der UdSSR unter den größeren Staaten des Nahen Ostens.[22] Allerdings basierte dieses Verhältnis weniger auf einer geteilten Ideologie als auf strategischen Erwägungen im Ost-West-Konflikt. Beide Seiten versuchten, den größtmöglichen Vorteil aus den Beziehungen zu ziehen. Moskau versorgte Syrien mit Waffen und entsandte Militärberater, musste aber hinnehmen, dass die Baath-Partei die Syrische Kommunistische Partei mit einem dauerhaften Verbot belegte. Moskau und Damaskus standen sich nicht wirklich nahe, sondern übertünchten lediglich das gegenseitige Misstrauen.[23] Der KGB hatte den Auslands- und Geheimdienst des Baath-Regimes infiltriert. So wurde etwa ein wichtiger Diplomat, der vom KGB angeworben worden war, Anfang der 1970er Jahre stellvertretender syrischer Außenminister; die syrische Botschaft in Moskau war komplett unterwandert. Moskau wusste daher, wie sehr es Hafiz al-Assad widerstrebte, einen Freundschafts- und Kooperationsvertrag mit der Sowjetunion zu unterschreiben.[24]
Von Zeit zu Zeit gab es ernsthafte Auseinandersetzungen zwischen Moskau und Damaskus, etwa als Syrien im Juni 1976 im libanesischen Bürgerkrieg intervenierte, um die maronitischen Christen im Kampf gegen die PLO und verschiedene linke Kräfte zu unterstützen. Zu einigen dieser Kräfte hatte der KGB enge Kontakte und das KGB-Büro in Damaskus ließ der Libanesischen Kommunistischen Partei, die die syrische Intervention ablehnte, heimlich Gelder zukommen.[25] Hafiz al-Assad verwies im gleichen Jahr die Hälfte der in Syrien stationierten sowjetischen Militärberater des Landes und forderte die sowjetische Marine auf, ihre U-Boote und Unterstützungsschiffe aus dem Hafen von Tartus abzuziehen. Moskau und Damaskus legten den Streit zwar später bei, die Stimmung blieb jedoch schlecht und Moskau intensivierte seine verdeckten Beziehungen zur Syrischen Kommunistischen Partei.[26] Im Oktober 1980 schlossen Russland und Syrien zwar schließlich einen Freundschafts- und Kooperationsvertrag ab, stritten aber weiter über die Auslegung der dort festgelegten Bestimmungen. Daher reagierte Moskau halbherzig oder passiv, als Syrien in einer Reihe regionaler Krisen in den 1980er Jahren um Hilfe bat.[27]
Die große Zahl sowjetischer Militärberater in Syrien – Mitte der 1970er Jahre waren es mehr als in jedem anderen Land der Welt – war nicht etwa auf eine ideologische Verbundenheit zurückzuführen. Es ging Damaskus schlicht um Techniker und Waffen. Entsprechend ist es auch wenig wahrscheinlich, dass eine historische Verbundenheit mit Syrien eine große Rolle für die Moskauer Außenpolitik spielt. Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass schätzungsweise 10 000 syrische Offiziere Trainingsprogramme an sowjetischen bzw. russländischen Militärakademien absolvierten und noch im Jahr 2006 ca. 2000 Berater im syrischen Militär dienten.[28] Moskau gibt an, dass derzeit nur noch am Marinestützpunkt Tartus Berater tätig seien.[29] Westliche Medien berichteten hingegen im Dezember 2012, dass Militärberater aus Russland bis heute moderne Flugabwehr-Waffensysteme der syrischen Armee bedienen, was im Falle eine westlichen Militärintervention in Rechnung zu stellen wäre.[30]
Nach Angaben des auf Militärfragen spezialisierten Journalisten Pavel Fel’gengauėr gibt es im Moskauer Außen- und Verteidigungsministerium sowie im Geheimdienstmilieu Leute mit langjährigen Verbindungen zum syrischen militärischen Nachrichtendienst, die einen Sieg des Assad-Regimes im Bürgerkrieg auch in jenen Monaten noch für möglich hielten, als dieses in großer Bedrängnis war. Entsprechend sprachen sie sich dagegen aus, einen alten Verbündeten fallen zu lassen.[31] Auch scheint es, dass Russland das syrische Regime nach wie mit Geheimdienstinformationen versorgt und im Gegenzug Informationen des syrischen Militärgeheimdienstes über die Krisenregion erhält. Russland verfügt in der syrischen Hafenstadt Latakia weiterhin über ein großes Abhörstation.
Insgesamt scheint Russland somit weniger aufgrund eines Verbundenheitsgefühls oder aus prinzipieller Loyalität mit einem alten Partner, sondern vielmehr aufgrund materieller und strategischer Interessen nicht gewillt zu sein, Syrien als „politische Basis“ im Nahen Osten aufzugeben. Diese steht und fällt mit den Verbindungen zu Assads Sicherheitselite. Zwar ruft die Erinnerung an den einstigen strategischen Einfluss der Sowjetunion im Nahen Osten sicher auch nostalgische Gefühle in Moskau hervor. Doch anders als in den späten 1990er Jahren, als mit Evgenij Primakov einer der führenden Nahostexperten Russlands erst Außenminister und dann Ministerpräsident wurde, spielt das Gefühl einer spezifischen Nähe zu den arabischen Völkern oder zum Iran heute keine Rolle mehr.[32] Davon zeugen die vorsichtigere Haltung, die Moskau in den letzten Jahren dem Iran gegenüber eingenommen hat, sowie die Differenzen mit der Arabischen Liga in der Syrienfrage.
Stattdessen schätzt Russlands Führung heute vor allem solche Staaten, die die gleichen Positionen wie Moskau in Grundsatzfragen der internationalen Politik vertreten. Syrien und Russland verbindet, dass beide das Prinzip der uneingeschränkten territorialen Souveränität verfechten und einen von außen betriebenen Regimewechsel grundsätzlich ablehnen. Beide Staaten traten 2002–2003 den Bemühungen der USA entgegen, die ein Mandat des UN-Sicherheitsrats für eine Intervention im Irak erhalten wollten. Syrien war auch das zweite Land nach Belarus, das Russland im Jahr 2008 öffentlich unterstützte, als es militärisch in Georgien intervenierte. Wenige Tage nach Ausbruch des Konflikts besuchte Assad Moskau und verurteilte „Versuche, die Fakten zu verdrehen und Russland als Aggressor erscheinen zu lassen“. Assad bot Russland sogar an, dass es als strategische Reaktion auf die Ereignisse in Georgien und auf die mögliche Installierung eines amerikanischen Raketenabwehrschilds in Osteuropa Raketenabwehrsysteme auf syrischem Territorium installieren dürfe.[33]
Eine Schlüsselfrage ist, wie weit Russlands Solidarität mit Syrien eine persönliche Unterstützung für die angeschlagene Führung von Baschar al-Assad selbst ist. Moskau hat immer wieder betont, dass es ihm nicht um Assad gehe, Russlands Haltung sei vielmehr „diktiert von der Sorge um das Schicksal des syrischen Volkes, unseres langjährigen Freundes und Partners, und um das Schicksal eines Landes, das eine sehr lange Geschichte hat“.[34] Dies ist nicht wirklich überzeugend. Assad verkörpert eindeutig das syrische alawitische Regime, und Moskau hat es stets vehement abgelehnt, einen Regimewechsel in Syrien zu unterstützen. Zweitens scheint Putin es für wichtig zu halten, international das Bild eines standhaften Verbündeten abzugeben, um Russlands Image als verlässlicher Partner zu stärken, etwa bei den zentralasiatischen Staaten. Der Prüfstein für Moskaus Glaubwürdigkeit ist die Unterstützung für russlandfreundliche Führer und deren Entourage oder doch zumindest die Weigerung, sich westlichen Aktionen zu deren Absetzung anzuschließen.
Das heißt nicht, dass Russlands Führung das Schicksal einiger Bevölkerungsgruppen, die in den Strudel der blutigen Ereignisse in Syrien geraten sind, völlig gleichgültig wäre. Lavrov erklärte, Assad sei „Garant für die Sicherheit der Minderheiten, nicht zuletzt der Christen“.[35] Manche behaupten, dass Putin von der Russisch-Orthodoxen Kirche beeinflusst sei, die fürchte, dass die syrischen Christen, unter denen viele Orthodoxe sind, verfolgt werden würden, falls islamistische Gruppierungen in Syrien die Macht übernähmen. Weniger Sorgen scheint sich Moskau um die mehreren hunderttausend syrischen Tscherkessen zu machen, eine ethnische Gruppe, die das Zarenreich im 19. Jahrhundert aus dem Nordkaukasus vertrieben hatte. Anfang 2013 hat die Staatsduma der Forderung nordkaukasischer Tscherkessen eine Absage erteilt, die syrischen Tscherkessen als ehemalige Staatsbürger zu behandeln und ihnen eine Einbürgerung zu ermöglichen.[36]
Besorgt zeigt sich hingegen sowohl Russlands Elite als auch die Gesellschaft über die Lage der russländischen Staatsbürger, die in Syrien leben. Dies sind in vor allem Frauen, die syrische Männern geheiratet haben. Im Januar 2013 erklärte Außenminister Lavrov, dass es sich um mehrere zehntausend Menschen handele und dass ein Evakuierungsplan erarbeitet worden sei.[37] Lavrovs Stellvertreter Michail Bogdanov sprach davon, dass etwa die Hälfte dieser Staatsbürger Russlands die Opposition unterstütze.[38] Seit Ausbruch des Bürgerkriegs sind nur etwa 1000 Personen mit russländischer Staatsangehörigkeit aus Syrien nach Russland gekommen. Dies deutet darauf hin, dass diese Gruppe nicht ins Visier kämpfender Formationen geraten ist. Den Militärberatern könnte hingegen genau dies drohen, hat doch die Freie Syrische Armee angedroht, Russland als „feindlichen Staat“ zu betrachten und russländische Kriegsschiffe anzugreifen.[39]
Ökonomische und strategische Interessen
Russland verfolgt in Syrien zweifellos auch materielle Interessen. Dazu gehört etwa der Export von Waffen, der durch einen Sturz des Assad-Regimes gefährdet wäre. Doch diese Interessen haben nicht genügend Gewicht, um Russlands Haltung in der Syrienkrise überzeugend erklären zu können. Wichtiger sind die allgemeinen strategischen Interessen Moskaus. Diese spiegeln Russlands Einschätzung der geopolitischen Lage im Nahen Osten sowie der Auswirkungen eines Zusammenbruchs der schiitsch-alawitischen Vorherrschaft unter dem Ansturm einer Rebellion, die in erster Linie von mehrheitlich sunnitischen Ländern, den Golfstaaten, sowie aus dem Westen unterstützt wird. Zu der Furcht, dass Syrien nach einem Regimewechsel die Seiten wechseln könnte, kommen latente Ängste vor den Auswirkungen, die ein Zerfall des syrischen Staates auch auf Russland haben könnte.
Waffenexporte
Für die These, dass das Waffengeschäft mit dem Assad-Regime eine wichtige Rolle für Moskaus Haltung in der Syrienkrise spielt, könnte sprechen, dass Russlands Rüstungsindustrie und ihre Lobby ein wichtiger Akteur in der Debatte über die Außenpolitik Russlands sind. Präsident Putin schmückt sich gerne mit der Behauptung, es sei sein persönliches Verdienst, dass Russlands Anteil am weltweiten Waffenhandel in den letzten Jahren gestiegen ist. Die „Förderung einer zivilisierten militärischtechnischen Kooperation, von der beide Seiten profitieren“, sei, so Putin, ein „wichtiges Instrument zur Durchsetzung außenpolitischer Interessen“.[40]
Allerdings dürften Russlands Waffenexporte nach Syrien für die Rüstungslobby in Moskau kaum eine entscheidende Rolle spielen. Laut Schätzungen des Stockholmer Internationalen Friedensforschungsinstituts (SIPRI) stammten zwar 72 Prozent der syrischen Waffenimporte in den Jahren 2007–2011 aus Russland,[41] doch nur ca. fünf Prozent aller Waffenexporte aus Russland gingen 2011 nach Syrien.[42] Der Moskauer Think-Tank CAST berichtete von Aufträgen über Waffenlieferungen an Syrien im Wert von rund 500 Millionen US-Dollar allein im Jahr 2012.[43] Einige Großaufträge aus diesem Jahr, etwa über die Lieferung von 36 Kampf- und Ausbildungsflugzeugen vom Typ Jak-130, wurden jedoch eingefroren.[44]
Im Unterschied zu anderen arabischen Ländern kann Syrien nicht auf große Öl-Einnahmen zurückgreifen, um moderne Waffen zu kaufen. Bisher soll Syrien nicht einmal die Hälfte seiner in Russland bestellten Waffen bezahlt haben, und es ist unwahrscheinlich, dass Damaskus künftig in der Lage sein wird, diesen Verpflichtungen nachzukommen.[45] Bereits für frühere Waffenkäufe steht Syrien derzeit mit 3,6 Milliarden US-Dollar in Russlands Schuld. Selbst wenn Assad an der Macht bleiben sollte, dürfte ein vom Bürgerkrieg geschwächtes Syrien kaum ein wichtiger militärischer Partner für Russland bleiben.[46] Schwerer einschätzbar wird die Lage allerdings durch die Frage, ob der Iran, der seit 2005 mehrere Rüstungsabkommen mit Syrien unterzeichnet hat, für die Finanzierung von Waffenlieferungen an das Regime in Damaskus bisher Garantien gegeben hat und weiter geben wird.
Moskau hat seine Waffenexporte nach Syrien auch nach dem Ausbruch des Bürgerkriegs fortgesetzt und erklärt, dies verstoße nicht gegen das Völkerrecht. Da Russland darauf beharrt, es handele sich ausschließlich um „Defensivwaffen“, musste Moskau allerdings die Lieferungen etwas einschränken, um glaubwürdig zu bleiben. So erfüllt Russland nicht mehr jeden Wunsch Syriens. Moskau liefert etwa keine schultergestützten Boden-Luft-Flugabwehrraketen vom Typ Igla an Syrien. Vor allem Israel hatte die Pläne kritisiert.[47] Auch Verträge über die Lieferung hochentwickelter MiG-31-Kampfjets wurden storniert. Die Erklärung ist einfach: Russland muss zur Wahrung seiner Interessen auch auf seine Exporte nach Israel und in die Türkei Rücksicht nehmen, die beide von wesentlich größerem Umfang und Wert sind.
Bisher lag der Schwerpunkt der Waffenlieferungen wie schon zu sowjetischen Zeiten auf Flugabwehrsystemen, so etwa Buk-M2-Mittelstrecken-Flugabwehrraketen (SA-17 in der NATO-Terminologie) und Pancir’-S1 Kurzstrecken-Luftabwehrraketen (SA-22). Im Sommer 2012 sah es zunächst so aus, als nähme der Kreml Abstand von einer Lieferung des S-300-Boden-Luft-Raketensystems an Syrien. Die USA und Israel hatten davor gewarnt, dass die Lieferung solche Waffensysteme eine destabilisierende Wirkung für den gesamten Nahen Osten hätten.[48] Im Mai 2013 gab es jedoch eine Reihe aufgeregter Berichte, wonach die Lieferung von vier S-300-Systemen nun doch zustande kommen solle oder – was jedoch wenig wahrscheinlich ist – bereits stattgefunden habe, und Militärberater aus Russland seien dabei, die Systeme einsatzbereit zu machen.
Einige dieser Berichte deuten darauf hin, dass Syrien tatsächlich bereits Zahlungen für diese hoch entwickelten Raketen geleistet hat. Doch die Entscheidung, S-300-Raketen zu liefern, ist mindestens ebenso sehr ein Ergebnis politischen Kalküls wie wirtschaftlicher Überlegungen. Wenn Syrien über das Luftabwehrsystem S-300 mit einer Reichweite von knapp 200 Kilometern verfügt, so erschwert dies sowohl eine westliche Intervention in Syrien als auch weitere einseitige Militärschläge Israels. Die Kosten und Risiken, die mit der Einrichtung selbst einer begrenzten Flugverbotszone über Syrien einhergingen, würden sich erheblich erhöhen. Ebenso würden moderne Schiffsabwehrraketen, die Russland einigen Berichten zufolge an Syrien geliefert haben soll, Einfluss auf die Überlegung haben, die Truppen der Rebellen auf dem Seeweg auszurüsten oder ein See-Embargo gegen das syrische Regime zu verhängen.[49] Moskau muss jedoch auch damit rechnen, dass die Lieferung moderner Waffen nach Syrien zu einer unerwünschten Eskalation der Kämpfe beitragen kann.
Energiebeziehungen
Ebenso wenig wie von seinen Waffenlieferungen kann Moskau sich von seinen Energiebeziehungen mit Syrien große wirtschaftliche Vorteile versprechen. Der russländische Erdölkonzern Tatneft’ hat 2005 ein Abkommen zur Exploration neuer Öl- und Gasvorkommen in Syrien unterzeichnet, und Strojtransgaz hat 2009 mit dem Bau einer Erdgasaufbereitungsanlage in der Nähe von Homs begonnen. Doch Syriens Erdölförderung geht seit Jahren zurück, und seine Erdgasreserven sind im Vergleich zu den größten Förderländern der Region begrenzt. Es ist zwar richtig, dass Russland zugesagt hat, sich am Bau einer geplanten Erdgas-Pipeline von Ägypten bis in die Türkei zu beteiligten, die durch Syrien verlaufen soll. Auch mag Moskau Syrien als strategisch wichtigen Energiekorridor betrachten. In dem Moskau das Assad-Regime unterstützt, hat es jedoch die Verschlechterung seiner Beziehungen zu den großen Energieproduzenten im Nahen Osten und am Golf – mit Ausnahme des Iran – in Kauf genommen, was mögliche Hoffnungen auf die Bildung eines Öl- und Gaskartells mit diesen Staaten schmälert.
Der Marinestützpunkt Tartus
Nahezu alle Berichte über Russlands Syrienpolitik erwähnen die Marinebasis in Tartus, wo die Marine Russlands einen Stützpunkt hat. Es handelt sich jedoch lediglich um einen Versorgungs- und Reparaturstützpunkt für durchfahrende Schiffe. Neben drei schwimmenden Schiffsanlegern, von denen nur einer genutzt wird, gibt es lediglich ein von der Schwarzmeerflotte gestelltes Reparaturschiff sowie einige Lagerhallen und Baracken, in denen eine etwa 50köpfige Mannschaft untergebracht ist.[50]
Somit hat der Stützpunkt in Tartus für Russlands Marine lediglich symbolischen Wert. Als letzte Militärbasis außerhalb des postsowjetischen Raums hält der auf der Basis eines 1971 geschlossenen Abkommens eingerichtete Stützpunkt die nostalgische Erinnerung an den einstigen geostrategischen Aktionsradius der Sowjetunion wach. Dies zeigt sich nicht zuletzt an Kommentaren, in denen behauptet wird, die Schließung des Stützpunkts würde zu einem Einflussverlust im Mittelmeer führen und sogar Russlands Militärpräsenz auf weiter entfernten Meeren gefährden.[51] Die Sehnsucht nach einstiger Größe erklärt auch, warum seit 2012 vermehrt russländische Kriegsschiffe vor der syrischen Küste kreuzen und alle vier Seekriegsflotten Russlands im Januar 2013 ein besonders umfangreiches Manöver im Mittelmeer abhielten. Diese Kraftmeierei verdeckt, dass Moskau bereits mit Libanon übereingekommen ist, dass russländische Schiffe in Zukunft aus Sicherheitsgründen statt Tartus den Hafen von Beirut anlaufen werden.[52]
Als sich die Kampfhandlungen im Februar 2013 Tartus näherten, erklärte der Stabschef der Freien Syrischen Armee, seine Truppen würden russländische Schiffe unter Feuer nehmen, da diese dem Assad-Regime Waffen und Experten lieferten, Russlands Marinebasis selbst würde jedoch nicht angegriffen. Der russländische Generalstab hatte bereits zuvor gedroht, er habe genügend Kapazitäten für eine „angemessene Reaktion“ auf jede Art Angriff auf den Stützpunkt in Tartus. Würde Moskau einen wie auch immer gearteten Angriff dennoch dazu nutzen, um, wie es zeitweise hieß, Truppen zur „legitimen Verteidigung russländischer Einrichtungen“ nach Syrien zu entsenden, so wäre dies ein ausgesprochen eskalationsträchtiger Schritt.[53] Diesen ist Russland jedoch nicht gegangen, vielmehr erklärte Moskau im Juni 2013, sämtliche Armeeangehörigen am Stützpunkt Tartus seien durch Zivilisten ersetzt worden.
Mit einer gewissen Vorsicht muss auch die Vermutung betrachtet werden, die vor die syrische Küste entsandten russländischen Kriegsschiffe hätten die Aufgabe, Waffenlieferungen an Syrien zu sichern und „die Verhängung eines Embargos und die Einrichtung einer Seeblockade von westlicher Seite zu verhindern“.[54] Russlands Generalstab könnte in der Tat solche Absichten hegen, während Moskauer Diplomaten die Demonstration der Flottenkapazitäten möglicherweise generell als Mittel betrachten, die Position Russlands vor möglichen Verhandlungen über die Zukunft Syriens zu stärken. Fakt ist, dass die russländische Marine ihre Präsenz im östlichen Mittelmeer deutlich verstärkt hat. Im Frühjahr 2013 patrouillierten gleichzeitig zehn bis fünfzehn Kriegsschiffe vor Tartus.[55] Moskau erklärte, es werde ein „Einsatzgeschwader“ zusammengezogen, um „die Sicherheit in der Region zu gewährleisten“.[56] Von dem Muskelspiel abgesehen könnten diese Schiffe letztendlich aber auch die Aufgabe haben, bei der Evakuation russländischer Staatsbürger aus Syrien zu helfen.
Moskaus geopolitischer Blick auf den Nahen Osten
Russlands Marinepräsenz zeigt, dass Moskau auch in der Syrienkrise in geopolitischen Kategorien denkt und seine strategischen Interessen verteidigen will, obwohl es sich in Syrien in erster Linie um einen Bürgerkrieg handelt. Dies hat damit zu tun, dass Russland sich mit seiner langjährigen Unterstützung für Syrien und die Hamas strategische Optionen geschaffen hat, um den USA bzw. dem Westen im Nahen Osten eine eigene Politik entgegenzusetzen und so seinen Ruf als unentbehrliche Großmacht in dieser strategisch wichtigen Region zu erhalten.
Seit einigen Jahren glaubt Moskau, die westliche Syrienpolitik sei vor allem vor dem Hintergrund des Konflikts mit dem Iran zu sehen. Außenminister Lavrov erklärte, die Vorwürfe gegen Assad dienten dazu, „zu verdecken, dass es um ein großes geopolitisches Spiel geht […]. Vielen geht es nicht so sehr um Syrien als vielmehr um den Iran. Sie sagen ganz offen, dass Iran der engste Verbündete genommen werden müsse, das sei Assad.“[57]
Die unterstellte westliche Strategie, Assad zu stürzen, um den Iran – zu dem Russland weit wichtigere Beziehungen hat als zu Syrien – zu schwächen, steht für Moskau auch im Einklang mit den geopolitischen Zielen, die es bei Saudi-Arabien und Katar zu erkennen glaubt. Diese führten in Syrien einen Stellvertreterkrieg, dessen Fronten zwischen Sunniten und Schiiten verlaufe.[58] Diese Verbindung westlicher und arabischer Interessen sieht Moskau als besonders gefährlich an.
Iran hat immer wieder behauptet, es gebe eine Allianz mit Russland zur Verteidigung des Assad-Regimes. Moskau vermeidet hingegen solche Äußerungen. Dennoch fordert Russland, dass der Iran Teil der Lösung der Syrienkrise sein müsse, fürchtet aber gleichzeitig, dass der Bürgerkrieg in Syrien zu einer Eskalation des Konflikt zwischen dem Westen und dem Iran führen könnte, so dass Moskau wider Willen Partei ergreifen müsste. Selbst wenn dies nicht geschehen sollte, riskiert Russland, dass seine guten Beziehungen zu Israel gefährdet werden, wenn es sich in der Syrienfrage allzu offen mit dem Iran zusammentut.
Die Furcht vor einer islamistischen Bedrohung
Moskau hat seine Haltung in der Syrienkrise immer wieder damit gerechtfertigt, dass es ihm darum gehe, in Syrien einen Staatszerfall zu verhindern. Dieser würde zu einer Ausbreitung transnationaler islamistischer Netzwerke führen. Dies sei eine Bedrohung nicht nur für Syrien und den gesamten Nahen Osten, sondern auch für Russland, insbesondere für den Nordkaukasus. Russlands Führung stellt den Konflikt in Syrien, der sich zunehmend auch auf die Nachbarstaaten ausgeweitet hat, als Teil eines größeren Problems dar. Da der Konflikt auch die Dimension einer Auseinandersetzung zwischen schiitischen Alawiten und Sunniten hat, fürchtet Moskau ebenso wie der Iran, dass ein Sturz Assads zu einer Schwächung des „schiitischen Halbmonds“ führt – der Achse, die Teheran mit dem Irak, Syrien und dem Libanon bilden möchte. Ebenso wie der Iran, der ebenfalls Assad unterstützt, ist Russland sicherlich beunruhigt über die Aussicht, dass die Staaten des Nahen Ostens künftig von der Muslimbruderschaft beherrscht werden könnten. Die Muslimbruderschaft steht wegen ihrer vermeintlichen Rolle im Nordkaukasus während des Tschetschenienkrieges seit 2003 auf Moskaus Liste verbotener Terrororganisationen. Dies brachte Moskau in Erklärungsnot, als die Muslimbrüder in Ägypten an der Macht waren, denn in Russland waren sie weiterhin verboten, während es keine Restriktionen für offizielle Kontakte mit Ägypten gab.[59]
Moskau sieht Verbindungen zwischen dem sunnitischen Extremismus in Syrien und breiteren Netzwerken in der islamischen Welt. In Gesprächen mit westlichen Staaten beharrt Moskau darauf, dass an den Kämpfen in Syrien immer mehr radikale Sunni-Gruppen beteiligt seien. Da islamistische Gruppierungen in der syrischen Opposition immer dominanter geworden seien, habe diese immer mehr auf eine militärische Lösung gesetzt.[60] Diese Argumentation hat mit der Zeit an Überzeugungskraft gewonnen. Die Rebellengruppe Dschabhat al-Nusra, eine Gruppe, die einen besonders mörderischen Kampf gegen das syrische Regime führt, schwor im April 2013 dem Al-Qaida-Führer Aiman az-Zawahiri die Treue und wird seitdem von den USA als terroristische Organisation eingestuft.[61] Die transnationalen Verbindungen anderer radikal-islamistischer Strukturen, die Syrien zu einem islamistischen Staat machen wollen –etwa Harakat Ahrar al-Sham al-Islamija – , sind weniger klar.[62] Es gibt aber zumindest Belege dafür, dass sunnitische Salafistenführer außerhalb Syriens versuchen, Milizen für den Kampf gegen Assad anzuwerben und zu unterstützen. Der libanesische salafistische Prediger Scheich Ahmad al-Assir beispielsweise hat eine bewaffnete Miliz aufgeboten, die sich den Aufständischen in Syrien angeschlossen hat und dem potenziellen Einfluss der Hisbollah entgegenwirken soll.[63]
Das Assad-Regime behauptet, dass für die größten Angriffe ein Al-Qaida-Ableger verantwortlich sei, der Kämpfer aus 28 Ländern, darunter aus Tschetschenien, nach Syrien gebracht habe.[64] Auch Moskau erklärt, dass Al-Qaida und Terrorgruppen mit ähnlichen ideologischen Motiven in Syrien sehr viel aktiver geworden sind.[65] Im Frühjahr 2013 stellte Lavrov explizit fest, dass Dschabhat al-Nusra „eine Menge Geld und Waffen aus dem Ausland“ erhalte.[66] Ein Moskauer Nahost-Experte sprach von einer „Grünen Internationale“: 300 bewaffnete Oppositionsgruppen und Fraktionen konkurrierten „um die Finanzströme aus Libyen, Saudi-Arabien und Katar, um den Zugang zu Waffenlieferungen und um die politische Vorherrschaft“.[67] Moskau stellt dieses Phänomen als Teil einer umfassenden Bedrohung durch Terroristen dar, deren Gefährlichkeit man in Libyen, Mali und Algerien in den Jahren 2012–2013 vorgeführt bekommen habe.[68]
Radikale sunnitische Gruppen liefern sich in der Tat immer wieder Kämpfe mit schiitischen Hisbollah-Kämpfern, die das Assad-Regime verteidigen. Im Frühjahr 2013 eroberte die syrische Armee zusammen mit libanesischen Hisbollah-Milizen in einer gemeinsamen Offensive die Rebellenhochburg Kusseir, fünf Kilometer von der Nordgrenze des Libanon entfernt, zurück.[69] Solche Koalitionen vergrößern die Gefahr, dass der Konflikt in Syrien zu einem Konfessionskrieg wird, in den die Nachbarstaaten Syriens – allen voran der Libanon – hineingezogen werden, was zu einer Destabilisierung des gesamten Nahen Ostens mit Auswirkungen bis nach Nordafrika führen wird.
Auch besteht die Gefahr, dass der Bürgerkrieg in Syrien zu einem Schauplatz des Konflikts zwischen Israel und dem Iran wird. Erstes Anzeichen waren die israelischen Luftangriffe auf syrisches Territorium vom Januar 2013. Sie richteten sich laut westlichen Medienberichten gegen einen Konvoi mit russländischen Luftabwehrraketen, die für die Hisbollah bestimmt waren.[70] Weitere schwere Luftangriffe auf Ziele in der Nähe von Damaskus im Mai 2013 galten Berichten zufolge einer aus dem Iran stammenden, ebenfalls für die Hisbollah bestimmten Raketenlieferung.[71]
Russland hat versucht, die Kontroverse über seine Waffenlieferungen an Damaskus rasch zu beenden, und sich nicht zur Hisbollah-Präsenz in Syrien geäußert. Moskau behauptet, dass es im Rahmen seiner Abkommen mit Damaskus überprüfe, ob die Waffen, die es liefert, für ihren erklärten Zweck verwendet würden und in den Händen von Regierungskräften blieben.[72] Das syrische Militär erklärt, dass die Boden-Luft-Raketensysteme, deren Besitz es nicht leugnet (darunter Buk-M2-Raketen), unter seiner strengen Kontrolle blieben, und es sei ausgeschlossen, dass die Hisbollah an sie gelange.
Dies scheint Israel und vielleicht auch die westlichen Mächte nicht zu überzeugen. Für Moskau ist es jedoch ein wichtiges Argument, um seine Behauptung zu stützen, dass es versuche, die Ausweitung der Zone von Gewalt und Chaos in und um Syrien zu begrenzen und zu verhindern, dass sich der Konfessionskrieg weiter über die Region ausbreitet. Russlands „legale“ Waffenlieferungen haben also angeblich stabilisierende Wirkung, während „illegale“ Waffenlieferungen an die syrische Opposition, vor denen Moskau den Westen eindringlich warnt, angeblich destabilisierend wirken.[73]
Die Interpretation des Konflikts als Krieg zwischen Schiiten und Sunniten führt Moskau zu einem weiteren Argument, warum ein Sturz Assads verhindert werden müsse. Ein Sturz beende den Bürgerkrieg nicht, sondern leite lediglich seine nächste Phase ein. Der Konflikt zwischen ethnischen und religiösen Gruppen könne sich, so Außenminister Lavrov, nach einem Rückzug des gegenwärtigen Regimes rasch ausbreiten und die ganze Region erfassen.[74]
Auch der Doyen der russischen Nahostexperten, Georgij Mirskij, sieht in dem Krieg in Syrien im Kern einen Versuch Saudi-Arabiens und Katars, ein alawitisches, dem Iran nahestehendes Regime zu stürzen. Gelinge dies, werde es, so Mirskij, zu einem langen Guerillakrieg kommen, der sich in eine apokalyptische Auseinandersetzung zwischen den Religionsgemeinschaften entwickeln werde.[75] Andere sprachen davon, ein Sturz Assads würde einen Kollaps des syrischen Staates verursachen, was das Machtgefüge im Irak, im Libanon und in Jordanien bedrohe und letzten Endes dazu führe, dass „die gesamte Karte des Nahen Ostens neu gezeichnet“ würde.[76]
Solche Analysen fügen sich nahtlos in die offizielle Lesart, nach der Chaos und der Zusammenbruch staatlicher Strukturen in der islamischen Welt, gepaart mit der Ausbreitung islamistischer Netzwerke, Rückwirkungen auf Russland haben werden. Konkret geht es um den Nordkaukasus, wo bereits junge religiöse Führer mit Zehntausenden von Anhängern Russlands offizielle Haltung zu Syrien scharf kritisierten und die syrische Opposition durch Online-Artikel, Flashmobs und Demonstrationen unterstützten.[77]
In der Tat ist der Nordkaukasus von Dagestan im Osten bis Adygeja im Westen bei weitem instabiler, als es Putin behauptet, und die Gefahr, dass Moskau die Kontrolle verliert, ist weit größer als noch 2011.[78] Die Frage ist jedoch, ob dies wirklich auf äußere Faktoren wie den Krieg in Syrien zurückzuführen ist. Wichtig für die Moskauer Politik ist jedoch, dass Putin und die gesamte Sicherheitselite den Bürgerkrieg in Syrien offenbar durch das Prisma des Tschetschenienkriegs wahrnehmen.[79]
Diese Wahrnehmung wird dadurch verstärkt, dass die syrische Führung den Nordkaukasus ebenfalls als Gebiet eines drohenden Aufstands radikaler sunnitischer Islamisten sieht und Moskaus Politik in dieser Krisenregion stets unterstützt hat. Das Assad-Regime bezeichnete die tschetschenischen Aufständischen als Terroristen, der von Moskau installierte autokratische Führer Tschetscheniens, Ramzan Kadyrov, wurde hingegen im März 2010 in Syrien als Gast willkommen geheißen. Moskau ist sich bewusst, dass nach einem Sturz Assads weder eine demokratische Regierung noch ein sunnitisch-fundamentalistisches Regime seinem Vorgehen gegen die Aufstandsbewegung im Nordkaukasus so wohlwollend gegenüberstehen würde, wie es die gegenwärtige syrische Führung tut.[80]
Die Folgen der Moskauer Politik könnten allerdings ganz anders ausfallen, als Russlands Führung das erwartet: Unter Sunniten könnte sich die Meinung verfestigen, dass Russland für die Unterdrückung ihrer Gesinnungsgenossen in Syrien verantwortlich ist, so dass sie beginnen, islamistische Oppositionsgruppen im Nordkaukasus und anderswo in Russland zu unterstützen. Putin riskiert daher mit seiner Syrienpolitik, einen seiner wichtigsten außenpolitischen Erfolge im Nahen Osten zu unterminieren. Bislang ist es Moskau gelungen zu verhindern, dass die Lage der Muslime im Nordkaukasus einen prominenten Platz auf der Agenda von sunnitischer Staaten und Bewegungen im Nahen Osten einnimmt. Russlands Syrienpolitik könne jedoch einen gefährlichen „Bumerangeffekt“ auslösen.[81]
Tatsächlich gibt es seit dem Herbst 2012 Hinweise, dass auch mehrere tschetschenische Gruppen in Syrien gegen Assad kämpfen. Kadyrov bestritt dies zwar und der tschetschenische Rebellenführer Doku Umarov erklärte, solche Aktivitäten lenkten vom zentralen Ziel des Dschihad in Tschetschenien ab, da die Kräfte der Mudschaheddin gespalten würden.[82] Doch scheint es so, dass die Tschetschenen, die gegen Assad kämpfen, nicht zu diesem Zweck aus Tschetschenien nach Syrien kamen, sondern sich bereits vorher im Nahen Osten aufhielten, angeblich um dort an islamischen Einrichtungen zu studieren. Überdies sind unter den Kämpfern in Syrien Angehörige fast aller ethnischen Gruppen des Nordkaukasus und sogar ethnische Tataren vertreten.[83]
Nach den zwei jungen Einwanderern aus Tschetschenien verübten Bombenanschlägen in Boston im April 2013 hieß es aus dem Moskauer Außenministerium, die Tschetschenen, die in Syrien auf Seiten der Aufständischen kämpften – die Rede war von einer wenig glaubwürdigen Zahl von mindestens 600, eventuell bis zu 6000 Personen – sich „in Zukunft ganz anderen Ländern zuwenden“ könnten.[84] Ins gleiche Horn stieß ein Monat später der Chef des russländischen militärischen Nachrichtendienstes, der erklärte, in der syrischen Opposition seien immer mehr Anhänger des bewaffneten Dschihad aus Europa aktiv, die ihre in Syrien erworbene Kampferfahrung nach ihrer Rückkehr in ihre Heimatländer dort zum Einsatz bringen würden.[85] Die Botschaft an den Westen ist klar: Er fördere mit der Unterstützung der Opposition – wie einst in Afghanistan – jene radikalen Islamisten, die später zum Kampf gegen den Westen aufbrechen.
Erhalt der „verfassungsmäßigen Ordnung“
Neben der historischen Verbundenheit, den ökonomischen und strategischen Interessen, der nostalgischen Sehnsucht nach einstiger Größe, dem spezifischen geopolitischen Blick Moskaus auf den Nahen Osten sowie einer möglichen Furcht vor dem Eindringen islamistischer Kämpfer aus Syrien in den Nordkaukasus gibt es eine weitere Erklärung, warum Moskau seine schützende Hand über das Assad-Regime legt: Russlands Syrienpolitik ist Teil einer vor allem um die innere Ordnung Russlands besorgten Souveränitäts-Politik: Es dürfen keine externen Standards – seien es demokratische oder andere – auf die innere Verfasstheit von Staaten angewendet werden, die äußere Unterstützung von Regimewechseln ist unrechtmäßig. Das Schlüsselwort für diese Politik lautet: Erhalt der „verfassungsmäßigen Ordnung“.
Selbst als die Kämpfe in Syrien in der zweiten Jahreshälfte 2012 weiter eskalierten, blieb Moskau bei der offiziellen Haltung, dass die Mehrheit der Syrer Assad weiter unterstütze und Syrien ohne Assad in Chaos versinken werde. Bei einem Treffen mit US-Präsident Obama im Juni 2012 verwendete Putin viel Zeit darauf, Ägypten und Syrien als Beispiele für gescheiterte politische Übergänge herauszustellen und Russlands Sorge Ausdruck zu verleihen, dass es keinerlei realistischen Plan dafür gebe, was im Falle von Assads Rücktritts mit den verschieden Kampfparteien und ethnischen Gruppen geschehen solle.
Dahinter steckt die feste Entschlossenheit, die Grundstruktur des syrischen Regimes und Staates zu erhalten, ganz gleich ob diese jede demokratische Legimität verloren hat. Kurz nach seinem Treffen mit Obama spottete Putin bei einem Besuch in Dänemark über Demokratieförderung im Nahen Osten und erklärte: Sehen Sie sich die Landkarte der Region an. [. . .] Was sehen Sie? Demokratien nach dänischem Muster? Nein. Überall Monarchien – und das entspricht im wesentlichen auch der Mentalität der Menschen und den alten Traditionen.[86]
Dies bringt manche zu dem Urteil, Russlands Führung halte Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte nur für westliche Instrumente zur Beherrschung anderer Staaten.[87] Die offizielle Begründung Moskaus für die unbedingte Unterstützung amtierender Regime lautet hingegen: Andernfalls werde eine Büchse der Pandora geöffnet und Chaos entfesselt. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2013 stellte Außenminister Lavrov eine Reihe rhetorischer Fragen:
Wer von den Herrschern [im Nahen Osten und Nordafrika] ist legitim, und wer nicht? Wann ist es akzeptabel, mit autoritären Regimes [. . .] zusammenzuarbeiten, und wann ist es erlaubt, ihren gewaltsamen Sturz zu unterstützen? In welchen Fällen muss man die Kräfte, die infolge demokratischer Wahlen an die Macht gekommen sind, anerkennen, und in welchen Fällen muss man sich weigern, mit ihnen in Verbindung zu treten? Was sind die Kriterien und Standards, die über all das entscheiden?[88]
Da es keine konsensfähigen Antworten auf diese Fragen gebe, müsse das „übergeordnete Ziel“ für die Region sein, „den Zusammenbruch von Staaten, das Verschwinden säkularer Staaten und die Machtübernahme durch Radikale und Extremisten zu verhindern“.[89]
Entsprechend sieht Moskau auch die Folgen des Sturzes von Gaddafi in Libyen sehr kritisch und war beunruhigt über die zwischenzeitliche Machtübernahme der Muslimbruderschaft in Ägypten. Diese Haltung erklärt auch, warum Russland die französische Militärintervention in Mali im Januar 2013 so bereitwillig befürwortete.[90] Bereits im April 2012 hatte Moskau klar gemacht, dass es die territoriale Integrität und Eigenstaatlichkeit Malis und die Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung unterstütze.[91] Russland machte in Mali eine doppelte Herausforderung aus: einen Separatismus der Tuareg, der das Risiko eines Zusammenbruchs des Staates barg, und dessen Verbindung mit radikaleren islamistischen Gruppen. Großen Wert legte Moskau darauf, dass der französische Einsatz zeitlich sehr begrenzt sein würde,[92] vor allem aber darauf, dass es die legale Regierung Malis war, die um eine Intervention ersuchte. Dies ist der zentrale Unterschied zu Syrien, denn diese Legalität können weder der Syrische Nationalrat noch Syriens Nationale Koalition für sich beanspruchen, wenn sie um Hilfe von außen bitten.[93]
Russlands Eintreten für die „verfassungsmäßige Ordnung“ im Nahen Osten entspricht auch der Position, die Moskau im postsowjetischen Raum vertritt. Auch dort hatte Russland sich – insbesondere nach den „farbigen Revolutionen“ in Georgien, in der Ukraine und in Kirgisistan – auf die Seite autoritärer Führer gestellt.[94] Heute sendet Moskau mit der Unterstützung für Assad natürlich auch eine Botschaft an die gleichen Staaten, etwa an die langjährigen Führer Kasachstans, Nursultan Nasarbaev, und Usbekistans, Islom Karimov, die nach Nachfolgeregelungen suchen, bei denen die Interessen ihrer Familien und Partner gewahrt bleiben.[95] Das gleiche gilt für Aljaksandr Lukašėnka in Belarus und Ilham Alijew in Aserbaidschan, die nach dem Arabischen Frühling fürchteten, ähnliche Protestbewegungen könnten sich auch in ihren Staaten formieren, und daher versuchen, durch eine Zusammenarbeit mit Russland solchen „Bedrohungen der verfassungsmäßigen Ordnung“ entgegenzuwirken.[96] Russland hat bilateral und über regionale Strukturen Unterstützung angeboten und arbeitet daran, diesen Kurs auch zur Basis einer gemeinsamen Außenpolitik der postsowjetischen Staaten zu machen.
Noch zentraler als die Verhinderung eines Regimewechsels in den postsowjetischen Nachbarstaaten Russlands ist für Moskau natürlich, dass der Sturz eines weiteren autoritären Regimes im Nahen Osten nicht dazu führt, dass das Putin-Regime selbst in Bedrängnis gerät. Nach dem Sturz Gaddafis erklärte der damalige Generalstabschef der russländischen Streitkräfte, General Nikolaj Makarov, dass einige Staaten weiter „die Technik der farbigen Revolutionen“ anwendeten, um unerwünschte politische Regime – etwa in Libyen, Ägypten, Tunesien und dem Jemen – zu beseitigen und so ihre strategischen Interessen voranzubringen. Dieselbe Techniken könne auch in Russland und bei seinen Verbündeten angewendet werden.[97]
In diesen wie in vielen anderen Äußerungen schwingt immer das Bewusstsein mit, dass sich auch in Russland mit seinem hochgradig personalisierten und zentralisierten politischen System Ähnliches abspielen könnte.[98] Sogar Abgeordnete der kremlfreundlichen „Oppositionspartei“ Spravedlivaja Rossija (Gerechtes Russland) haben darauf hingewiesen, dass das herrschende Regime in Russland der gleichen Gefahr ausgesetzt sei wie jene der Länder des Nahen Osten, in denen es zu Aufständen gekommen ist. Denn hier wie dort fehle der Führung eines: Legitimation durch Wahlen.[99] So ist Putins Forderung nach einer internationalen Ordnung, in der die Staatssouveränität das zentrale Prinzip ist, in hohem Maße der außenpolitische Ausdruck der inneren Verfasstheit Russlands. Putins unbedingte Unterstützung autoritärer Führer wird natürlich auch von all jenen in Russlands politischer Elite geteilt, die unter ihm auf wichtige Posten gelangt sind.
Resümee und Ausblick
Russlands politische Führung unterliegt bei ihren außenpolitischen Entscheidungen strukturellen Zwängen. Auch ökonomische und strategische Erwägungen spielen eine Rolle, ebenso das historisch geprägte Selbstverständnis. Russlands Syrienpolitik lässt sich allerdings weder mit den – eher unbedeutenden – Wirtschaftsbeziehungen noch mit einer besonderen Loyalität mit dem Assad-Regime aufgrund einer seit sowjetischen Zeiten bestehenden Partnerschaft erklären. Für Teile des militärischen Establishments und für nationalistische Kreise sind die besonderen Beziehung zu Syrien zwar ein wichtiges Symbol für die einstige Größe. Doch auch dies kann keine hinreichende Erklärung sein, warum Putin sich von dem Assad-Regime selbst dann nicht distanzierte, als dieses äußerst angeschlagen war.
Eine wichtigere Rolle spielt die Befürchtung, dass nach einem Sturz Assads die Kampfhandlungen keineswegs aufhören, sondern der Bürgerkrieg zwischen Schiiten und Sunniten erst richtig entbrennt, was dazu führen könnte, dass radikale Gruppierungen die Aufstandsbewegung in Russlands südlicher Peripherie, dem Nordkaukasus, unterstützen. Allerdings hat die Furcht vor radikalen Islamisten – wenngleich sie in Geheimdienstkreisen tatsächlich verbreitet sein mag, instrumentellen Charakter. Bereits im Zweiten Tschetschenien-Krieg übertrieb Moskau die Bedeutung transnationaler Islamistennetzwerke und die Rolle von Al-Qaida-Anhängern, um im Westen Verständnis für sein Vorgehen zu erhalten.[100]
Das zentrale Motiv hinter Russlands Syrienpolitik ist daher ein anderes: Angesichts der angespannten Lage in Russland und seinen Nachbarstaaten ist das Putin-Regime sehr nervös und will verhindern, dass mit weiteren Regimewechseln Vorbilder für Protestbewegungen in Russland, aber auch in der Ukraine geschaffen werden, die mit Unterstützung von außen die Legitimität der herrschenden Regimes in Frage stellen. Diese Furcht wurde durch die Ereignisse in Georgien, der Ukraine und Kirgisistan in den Jahren 2003–2005 genährt, hinter denen Moskau die Handschrift des Westens sah. Die Ergebnisse der westlichen Militärintervention in Libyen verstärkten das Unbehagen weiter: Wenn es um die Legalität und Legitimität einer internationalen Reaktion auf die Syrienkrise geht, verweist Moskau stets auf Libyen als negatives Beispiel. Das zentrale Ziel Moskaus in den internationalen Beziehungen lautet somit: keine externen Standards.
Was folgt daraus für die Russlands weiteres Vorgehen in der Syrienkrise? Moskaus Agieren in der Frage des Umgangs mit dem Chemiewaffeneinsatz in Syrien hat noch einmal gezeigt, dass die Verhinderung einer militärischen Intervention von außen oberste Priorität hat. Wenn Russland im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen auf das in der Charta der VN verankerte Nicht-Einmischungsgebot hinweist, so ist dies nicht überzeugend, weil Moskau an eine der Parteien in einem Konflikt, den es selbst als Bürgerkrieg einstuft, Waffen liefert. Doch das nimmt Russlands Führung in Kauf, haben doch insbesondere moderne Luftabwehrsysteme eine abschreckende Wirkung auf alle, die trotz des Fehlens eines VN-Mandats versuchen könnten, mit militärischer Gewalt einen Regimewechsel in Syrien herbeizuführen.
Während Russland und der Westen in der Chemiewaffenfrage einen Formelkompromiss gefunden haben, der eine gewisse Kooperation erlaubt, sind die Positionen in Bezug auf eine Übergangsregierung, wie sie die Genfer Erklärung vom Juni 2012 forderte, weiterhin weit voneinander entfernt. Während die westlichen Staaten und weite Teile der syrischen Opposition die Absetzung Bashar al-Assads zur conditio sine qua non für jede ernsthafte Verhandlung gemacht haben, besteht Russland darauf, diese Frage offen zu lassen.
Als Ausweg aus der Krise wurde im Frühjahr und Sommer 2012 ein Übergangsmodell nach dem Vorbild des Jemen diskutiert, wo es unter Vermittlung der arabischen Nachbarstaaten gelungen war, den Präsidenten Ali Abdullah Saleh zum Rücktritt und die Opposition dazu zu bewegen, dass sie den vormaligen Vizepräsidenten für eine Übergangszeit als Salehs Nachfolger akzeptiert.[101] Russland schien Mitte 2012 nicht abgeneigt, dieses Modell für Syrien in Betracht zu ziehen.[102] Allerdings unterscheidet sich die Situation in Syrien erheblich von der im Jemen: Weder Vizepräsident Farouk al-Sharaa noch Premierminister Wael al-Halqi haben die nötige Autorität, um Assad zu ersetzen. Darüber hinaus geht es in Syrien nicht um die Austarierung der Macht in einem Klientelsystem, sondern darum, dass eine alawitische Minderheit über eine sunnitische Mehrheit herrscht. Vor allem aber macht das Ausmaß des Blutvergießens in Syrien es unwahrscheinlich, dass ein Kompromiss nach dem Vorbild der Lösung im Jemen erreicht werden kann.
Russland will sich durch fortgesetztes Lavieren in der Syrienkrise in die Lage versetzen, an der Seite westlicher und regionaler Staaten einen Ausgleich in dem Land auf den Weg zu bringen. In diese Richtung weist die von Dmitrij Trenin in Umlauf gebrachte Idee eines Friedensschlusses nach dem Vorbild des Abkommens von Dayton, das 1995 den Krieg in Bosnien beendete – allerdings auf der Basis einer ausgeglicheneren „diplomatischen Zusammenarbeit“ und Koordination zwischen Moskau und Washington, als dies in Dayton der Fall war. Ein solches, von den Vereinten Nationen vermitteltes Abkommen für Syrien sollte sämtliche Staaten der Region dafür gewinnen, den Friedensprozess zu unterstützen.[103]
Voraussetzung dafür könnte ein größerer Friedenssicherungseinsatz der UNO sein. Russland schließt nicht aus, dass es an einem solchen teilnehmen könnte.[104] Außenminister Lavrov erklärte allerdings bereits, dass dazu nicht nur die Autorisierung durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen nötig sei, sondern auch das Einverständnis der Arabischen Republik Syrien.[105] Dazu hat Assad allerdings bislang keine Anstalten gemacht.
Während in Syrien weiter gekämpft wird, wächst in den USA in höheren Regierungskreisen die Furcht vor einer Spaltung des Landes, die verheerende Auswirkungen nicht nur auf die Nachbarstaaten Libanon, Irak und Jordanien hätte.[106] Die Sicherung der territorialen Integrität Syriens ist ein Interesse, das Russland und der Westen teilen. Würde diese weiter erodieren, so entstünde genau jenes Chaos, das Russland für den Fall eines Sturzes des Assad-Regimes an die Wand malt. Die Besorgnis des Westens angesichts eines möglichen Zerfalls Syriens schlug sich auch im Abschlusskommuniqué des G8-Gipfels im Juni 2013 nieder, in dem die Möglichkeit eines „halben“ Regimewechsels aufschien: Öffentliche Dienste sollten bei einem Übergang in Syrien aufrechterhalten bleiben, hieß es dort, „Streitkräfte und Sicherheitsdienste eingeschlossen“.[107]
Dies konnte man als implizite Aufforderung an hohe Regierungsbeamte in Assads Umfeld lesen, sich von ihm zu distanzieren. Es scheint aber auch ein Versuch zu sein, der Auffassung Moskaus, wonach ein Wechsel der politischen Führung in Syrien zwangsläufig den Zusammenhalt des syrischen Staates gefährden würde, etwas entgegenzusetzen. Wie Putin den im selben Kommuniqué enthaltenen Appell zur Bildung einer „Übergangsregierung mit allen exekutiven Kompetenzen“ im „wechselseitigen Einverständnis“ interpretiert, bleibt unklar.
Aus dem Englischen von Andrea Huterer und Olga Radetzkaja, Berlin
[1] Ausführlich zu dieser Frage Roy Allison: Russia, the West and military intervention. Oxford 2013. Für eine kurze Einschätzung zu diesem Aspekt von Russlands Entscheidungsfindung siehe Samual Charap: Russia, Syria and the doctrine of intervention, in: Survival. Global Politics and Strategy, 1/2013 (Februar–März 2013), S. 35–41.
[2] Koncepcija vnešnej politiki Rossijskoj Federacii, utverždena Prezidentom RF V.V. Putinym, 12 fevralja 2013 g., <www.mid.ru/brp_4.nsf/0/6D84DDEDEDBF7DA644257B160051BF7F>. Siehe auch Sergej Lavrov: Vnešnepolitičeskaja filosofija Rossii, in: Meždunarodnaja žizn’, 3/2013, S. 1–7, <www.mid.ru/brp_4.nsf/0/01963BDE34F0EFDF44257B3C00435C17>.
[3] Siehe die Presseerklärung des Sicherheitsrats SC/10180, AFR/2120, 22.2.2011, <www.un.org/News/Press/docs/2011/sc10180.doc.htm>.
[4] Kommentar Putins bei einem Treffen mit Fabrikarbeitern in Udmurtien am 21.3.2011,
<http://archive.premier.gov.ru/eng/events/news/14542/>.
[5] Pressekonferenz nach dem G8-Gipfel, 27.5.2011, <http://eng.kremlin.ru/transcripts/2292>.
[6] Sergej Lavrov auf einer Pressekonferenz in Cchinvali, 26.4.2011. BBC Summary of World Broadcasts: Former Soviet Union, <www.bbcmonitoringonline.com> (für registrierte Benutzer), Mon FS1 FsuPol sv.
[7] Siehe die Bemerkungen Putins bei einer Pressekonferenz am 26.4.2011, <http://archive.premier.gov.ru/eng/visits/world/14991/events/14996/>. – Presseerklärung des MID vom 1.5.2011, <www.mid.ru/brp_4.nsf/newsline/ABCED5981B0C77AEC3257883003D00DB>. – Erklärung des neuen Menschenrechtsbeauftragten des MID Konstantin Dolgov, in: RIA Novosti, 3.5.2011. BBC Summary of World Broadcasts [Fn. 6], Mon FS1 FsuPol stu. – Interview mit Sergej Lavrov, Moskovskie novosti, 12.5.2011, <www.mid.ru/bdomp/brp_4.nsf/ 2fee282eb6df40e643256999005e6e8c/6b2b0e2354159a97c325788e0024f2f3!OpenDocument>. – Erklärung Konstantin Dolgovs, in: Interfax, 25.5.2011. BBC Summary of World Broadcasts [Fn. 6], Mon Alert FS1 MCU ME1 MEPol 250511 ib.
[8] Lavrov, in: Interfax, 13.5.2011. BBC Summary of World Broadcasts [Fn. 6], Mon Alert FS1 MCU ME1 MEPol 130511 et.
[9] Interview Lavrovs in: Moskovskie Novosti, 19.5.2011. Diese Ansicht teilen die westlichen Staaten nicht.
[10] Interview Lavrovs: Agentur Bloomberg, 1.6.2011, <www.mid.ru/bdomp/brp_4.nsf/2fee282eb6df40e643256999005e6e8c/bb345b48652d15e7c325782c002f506c!OpenDocument>.
[11] Interview Lavrovs: in Reuters, 23.12.2011,
<www.mid.ru/ domp/rp_4.nsf/2fee282eb6df40e643256999005e6e8c/49987ba9d1e0fb89442596f0046558f!OpenDocument>. – Die internationale Reaktion auf die Situation in Jemen ist in Resolution 2014 des VN-Sicherheitsrats vom Oktober 2011 festgelegt,
<www.un.org/en/a/search/view_doc.asp? symbol=S/RES/2014%282011%29>.
[12] Interview Medvedevs, in: Russia Today, Ėcho Moskvy und Kanal PIK, 5.8.2011, <http://eng.news.kremlin.ru/news/2680/print>.
[13] Dmitri Trenin: The mythical alliance. Russia’s Syria policy. Moscow 2013 [= Carnegie Papers, Carnegie Moscow Center, February 2013], S. 19, <http://carnegieendowment.org/files/ mythical_alliance.pdf>. – Trenin räumt jedoch ein, dass „Russland sich geweigert [hat], von positiven und negativen Anreizen wie etwa Sicherheitsgarantien oder der Drohung, seine Hilfen zurückzufahren, Gebrauch zu machen, um [Assad] gesprächsbereit zu machen“. Ebenso leugnet Trenin nicht, dass „Russland eine der Seiten in einem De-facto-Bürgerkrieg bewaffnet“. Ebd., S. 20–21.
[14] Zu Russlands Begründung für sein Abstimmungsverhalten siehe die Erklärung des russländischen UN-Botschafters Vitalij Čurkin vom 4.10.2011; Protokoll der 6627. Sitzung des UN-Sicherheitsrats, <www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/PV.6627>.
[15] Zur Rechtfertigung Russlands für sein Abstimmungsverhalten siehe das Protokoll der 6711. Sitzung des UN-Sicherheitsrats vom 4.2.2012, <www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/PV.6711>.
[16] Aussage des stellvertretenden russländischen Außenministers Michail Bogdanov, zitiert nach: <http://valdaiclub.com/middle_east/38940/print_edition/>.
[17] Abschlusskommuniqué der Aktionsgruppe für Syrien vom 30.6.2012, <www.un.org/News/ dh/infocus/Syria/FinalCommuniqueActionGroupforSyria.pdf>. – Pressekonferenz Lavrovs, 30.6.2012, <www.mid.ru/bdomp/brp_4.nsf/2fee282eb6df40e643256999005e6e8c/3b4a 45b3d0bda35044257a2e004697dc!OpenDocument>.
[18] Rechtlich unverbindliche „Presidential Statements“ werden in der Regel dann verabschiedet, wenn sich die Mitglieder des Sicherheitsrats nicht auf eine Resolution einigen können.
[19] Erklärung des Vorsitzenden des Sicherheitsrats, 21.3.2012, <www.un.org/depts/german/sr/sr_12/sp12-06.pdf>.
[20] Sicherheitsratsresolution S/RES/2042 vom 14.4.2012, <www.un.org/en/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/RES/2042%282012%29>.
[21] US hopes Assad can be eased out with Russia’s aid, in: New York Times, 27.5.2012. – Syria: why Russia changed tack, in: Guardian, 28.5.2012.
[22] Eine Analyse des sowjetisch-syrischen Verhältnisses zur Zeit des Kalten Kriegs bietet Efraim Karsh: Soviet policy towards Syria since 1970. Basingstoke 1991. – Ders.: The Soviet Union and Syria. The Assad years. London 1998.
[23] Diese Spannungen sind in den Aufzeichnungen des KGB-Oberst Mitrochin-Archiv dokumentiert, der 1992 in den Westen überlief und sein Archiv dort veröffentlichte.
[24] Christopher Andrew, Vasili Mitrokhin: The Mitrokhin Archive II: The KGB and the world. London 2005, S. 195–196, 200–201, 207–208; dt. Ausgabe: Christopher Andrew, Wassili Mitrochin: Das Schwarzbuch des KGB 2. Moskaus Geheimoperationen im Kalten Krieg. Berlin 2006.
[25] Andrew/Mitrokhin: The Mitrokhin Archive II [Fn. 24], S. 206.
[26] Ebd., S. 208–210.
[27] Efraim Karsh: Soviet-Syrian relations. The troubled partnership, in: Margot Light (Hg.): Troubled friendships. Moscow’s Third World ventures. London 1993, S. 140–165, hier S. 146–147. – Roy Allison: The Soviet Union and the strategy of non-alignment in the Third World. Cambridge 1988, S. 232–233. Der Vertragstext ist nachzulesen bei Zafar Imam: Towards a model relationship. A study of Soviet treaties with India and other Third World countries. New Delhi 1983, S. 157–161.
[28] Andrej Kreutz: Syria. Russia’s best asset in the Middle East. Paris 2010 [= Russie.Nei.Visions, No. 55], S. 18, <www.ifri.org/?page=contribution-detail&id=6301&id_provenance=97>.
[29] So der stellvertretende Direktor des Russländischen Föderalen Dienstes für Militärtechnische Zusammenarbeit Vjačeslav Dzirkaln. Militärische Nachrichtenagentur Interfax-AVN, Moskau, 11.7.2012. BBC Summary of World Broadcasts [Fn. 6], Mon Alert FS1 MCU ME1 MEPol 110712 mf.
[30] Russian military presence in Syria poses challenge to US-led intervention, in: Guardian, 23.12.2012.
[31] Pavel Felgenhauer: Moscow ready for a confrontation with the West over Syria, in: Eurasia Daily Monitor, 12.7.2012, S. 1, <www.jamestown.org/single/?no_cache=1&tx_ttnews[tt_news]=39616&tx_ttnews[backPid]=13&cHash=9a34f7d88209d18d99413f191279b74d>.
[32] Andrej Kreutz: Russia in the Middle East: Friend or Foe? Westport, CT 2007, S. 25. Zu Primakovs Haltung siehe Yevgeny Primakov: Russia and the Arabs. Behind the scenes in the Middle East from the Cold War to the present. New York 2009. – Auf Russisch liegt eine aktualisierte Fassung mit einer Analyse des Arabischen Frühlings vor: Evgenij M. Primakov: Konfidencial’no. Bližnyj vostok na scene i za kulisami. Moskva 2012.
[33] Roland Dannreuther: Russia and the Middle East. A Cold War paradigm? In: Europe–Asia Studies, 3/2012, S. 543–560, hier S. 555. – Gulf news website, Dubai, 3.1.2013. BBC Summary of World Broadcasts [Fn. 6], Mon ME1 MEEauosc EU1 EuroPol 040113/hh.
[34] Sergej Lavrov, zit. nach: RIA Novosti: Moscow concerned about Syria, not Assad – minister“, 25.2.2013, <http://en.rian.ru/russia/20130225/179674039.html>.
[35] Sirija na Asadnom položenii, Interview Lavrovs, in: Rossijskaja gazeta, 23.10.2012, <www.rg.ru/2012/10/23/lavrov.html>. BBC Summary of World Broadcasts [Fn. 6], Mon FS1 FsuPol ME1 MEPol 261012 ms/osc.
[36] Valery Dzutsev: Circassians grow frustrated with Moscow’s handling of Syrian Circassian repatriation requests, in: Eurasia Daily Monitor, 17, 30.1.2013, <www.jamestown.org/single/?no_cache=1&tx_ttnews[any_of_the_words]=ukraine&tx_ttnews[pointer]=2&tx_ttnews[tt_news]=40387&tx_ttnews[backPid]=381&cHash=c19f9ffd3734d2998bd487fd0e7dabe8#.UjhM0oJgBmA>.
[37] Stabilizing Syria situation still Russia’s priority – minister, in: RIA Novosti, 23.1.2013, <http://en.ria.ru/russia/20130123/178969855.html>.
[38] Interfax, 13.12.2012. BBC Summary of World Broadcasts [Fn. 6], Mon FS1 FsuPol ME1 MEPol gyl.
[39] Zu Russlands Reaktion auf solche Drohungen siehe die Erklärung des Außenministeriums vom 12.11.2012, <www.mid.ru/brp_4.nsf/newsline/211D200ABE3087CA44257AB40056A2E5>.
[40] Erklärung Putins in einer Sitzung der Kommission für Militärtechnische Zusammenarbeit mit dem Ausland, in: Rossijskaja gazeta, 18.10.2012.
[41] Sipri Trade Registers, <http://portal.sipri.org/publications/pages/transfer/trade-register>.
[42] Schätzung des Moskauer Zentrums für die Analyse von Strategien und Technologien (CAST), vgl. hierzu: Think-tank questions Russia backing for Syria, in: Financial Times (online), 26.6.2012, <www.ft.com/intl/cms/s/0/fbb43546-bf9f-11e1-8bf2-00144feabdc0.html>.
Nach Aussage des Generaldirektors von Russlands staatlichem Waffenexportunternehmen Rosoboronexport, Anatolij Isajkin, steht Syrien in der Liste der Empfänger von Waffenlieferungen des Unternehmens an 12. oder 13. Stelle, in: Interfax-AVN, 13.2.2013. BBC Summary of World Broadcasts [Fn. 6], Mon FS1 MCU ME1 MEPol 130213 ym.
[43] <www.cast.ru>.
[44] Russia picks politics over Syria arms exports, in: RIA Novosti, 10.7.2012, <http://en.rian.ru/analysis/20120710/174530767.html>.
[45] So Ruslan Puchovs, Direktor von CAST, zitiert nach: Russia picks politics [Fn. 44].
[46] Nach Einschätzung von CAST; ebd.
[47] Laut Interfax-AVN, 26.6.2012. BBC Summary of World Broadcasts [Fn. 6], Mon Alert FA1 FsuPol ME1 MEPol gv.
[48] Rossijskie voenspecy uže v Sirii, in: Nezavisimaja gazeta, 16.5.2013, unter Berufung auf nicht näher benannte „militärisch-diplomatische Quellen“. – US balks as Russia prepares to deliver missiles to Syria, in: Christian Science Monitor, 10.5.2013.
[49] New York Times, 16.5.2013, unter Berufung auf nicht näher benannte amerikanische Beamte.
[50] Interfax-AVN, 1.4.2011. BBC Summary of World Broadcasts [Fn. 6], Mon FS1 FsuPol ME1 MEPol sv. Zwar gab es den Vorschlag, den Stützpunkt zu einer dauerhaften Basis auszubauen. Doch wie alle Pläne Russlands, die militärische Präsenz jenseits der eigenen Grenzen zu erhöhen – etwa durch Zusammenarbeit mit anderen postsowjetischen Staaten – wird auch dieser im Bereich der Phantasie bleiben.
[51] Russländische militärisch-diplomatische Quelle, in: Interfax-AVN, 3.8.2012. BBC Summary of World Broadcasts [Fn. 6], Mon FS1 FsuPol ME1 MEPol hb.
[52] Interfax-AVN, 22.3.2013.
[53] Russischer Generalstab laut: Interfax-AVN, 27.7.2012. BBC Summary of World Broadcasts [Fn. 6], Mon FS1 FsuPol ME1 MEPol kdd. – Alexander Shumilin: A ship leading to escalation in Syria, in: Moscow Times, 18.6.2012.
[54] Felgenhauer, Moskau ready for a confrontation [Fn. 31].
[55] Russland raises stakes in Syrien, in: Wall Street Journal, 17.5.2013. Genaueres zu den beteiligten Schiffsverbänden siehe Berichte in: Interfax-AVN, 23.4. und 8.5.2013. BBC Summary of World Broadcasts [Fn. 6], Mon FS1 FsuPol ME1 MEPol gyl und Mon FS1 FsuPol sv.
[56] Aleksandr Postnikov, stellvertretender russländischer Generalstabschef, in einem Bericht über ein Briefing für die NATO zu Russlands Flottenpräsenz im Mittelmeer, in: Interfax-AVN, 20.5.2013. BBC Summary of World Broadcasts [Fn. 6], Mon FS1 FsuPol stu.
[57] Sirija na Asadnom položenii. Interview Lavrovs in: Rossijskaja gazeta, 23.10.2012, <www.rg.ru/2012/10/23/lavrov.html>.
[58] Trenin, The mythical alliance [Fn. 13], S. 14–15.
[59] Interview Lavrovs mit der ägyptischen Wochenzeitung: Al-Ahram, 5.11.2012, <www.mid.ru/brp_4.nsf/newsline/6F0E73047A22421644257AAD00215A29>.
[60] Vgl. etwa Aussagen Lavrovs auf einer Pressekonferenz vom 16.7.2013, <www.mid.ru/brp_4.nsf/newsline/65C7D93EF8DF069344257A3D00559FF3>.
[61] Influence of Islamists in Syrian rebellion complicates policy, in: New York Times International Weekly, 5.5.2013, S. 2.
[62] Siehe Chris Zambelis: Ahrar al-Sham. A profile of Northern Syria’s al-Qaeda surrogate, in: Terrorism Monitor (Jamestown Foundation), 4.4.2013.
[63] Chris Zambelis: Lebanese Salafist cleric organizes militia forays into Syria, in: Terrorism Monitor, 17.5.2013.
[64] Aussage des syrischen Außenministers Walid al-Mouallim auf einer Pressekonferenz mit Sergej Lavrov: Moscow concerned about Syria, not Assad, in: RIA Novosti [Fn. 34].
[65] Russlands stellvertretender Außenminister Gennadij Gatilov am 1.12.2012, <www.mid.ru/ brp_4.nsf/newsline/81C614BB19C7FB5044257AC7003E9FF4>.
[66] Interview Lavrovs, in: Foreign Policy, 28.4.2013; Transkript unter:
<www.mid.ru/brp_4.nsf/0/3BBAF8ED0603EFD044257B5C004E77B0>.
[67] Alexander Aksenyonok: Syria as a mirror of the changing world order, in: Russia in Global Affairs, 1/2013, <http://eng.globalaffairs.ru/number/Syria-As-a-Mirror-of-the-Changing-World-Order-15932>, S. 2.
[68] Aleksandr Zmeevskij, Sonderbeauftragter des russländischen Präsidenten für Fragen der internationalen Zusammenarbeit im Kampf gegen Terrorismus und transnationales, organisiertes Verbrechen, nach: Johnson’s Russia List, 4.2.2013, Nr. 23/2013, <http://archive.constantcontact.com/fs156/1102820649387/archive/1112356951634.html>.
[69] Evidence mounts of foreigners fighting to help Assad regime, in: The Times, 23.1.2013, S. 26. – Hezbollah joins front line as battle rages for key town held by rebels, in: The Times, 21.5.2013, S. 26.
[70] Russia concerned by reports of Israeli air strike on Syria, in: RIA Novosti, 31.1.2013, <http://en.ria.ru/russia/20130131/179141261.html>.
[71] Israel carries out second air strike in Syria, in: Guardian, 5.5.2013.
[72] Aussage des stellvertretenden Direktors des Russländischen Föderalen Dienstes für Militärtechnische Zusammenarbeit, Vjačeslav Dzirkaln, in: Interfax-AVN, 14.5.2013. BBC Summary of World Broadcasts [Fn. 6], Mon FS1 FsuPol stu.
[73] Aussage des damaligen Generalstabschefs der russländischen Streitkräfte General Nikolaj Makarov, in: Interfax-AVN, 24.10.2012. BBC Summary of World Broadcasts [Fn. 6], Mon Alert FS1 MCU MW1 MEPol 241012 ym. – Siehe hierzu auch die Erklärung des MID vom 25.10.2012, <www.mid.ru/brp_4.nsf/newsline/ 87BAE565B10F5C4544257AA200484B96/>. – Pressekonferenz von Außenminister Lavrov während seines Besuchs in der jordanischen Hauptstadt Amman am 6.11.2012, <www.mid.ru/brp_4.nsf/newsline/878928272351785544 257AAE004C414A>.
[74] Interview Lavrovs, in: Russia Today TV, 21.6.2012. – Johnson’s Russia List, 22.6.2012, Nr. 113/2012, <http://archive.constantcontact.com/fs053/1102820649387/archive/11029116942 93.html>.
[75] Argumenty nedeli, 28.6.2012. – Johnson’s Russia List, 27.6.2012, Nr. 15/2012.
[76] Aksenyonok, Syria as a mirror [Fn. 6], S. 3.
[77] Syria as a terrorism hub. Potential threats to Russia, <http://valdaiclub.com/middle_east/ 57782.html>.
[78] Paul Goble: North Caucasus more unstable and more threatening to Moscow now than a year ago, in: North Caucasus Weekly (Jamestown Foundation), 7.1.2013.
[79] Fiona Hill: The real reasons Putin supports Assad. Mistaking Syria for Chechnya, in: Foreign Affairs, 25.3.2013, <www.foreignaffairs.com/articles/139079/fiona-hill/the-real-reason-putin-supports-assad>.
[80] Mark N. Katz: Putin’s foreign policy towards Syria, in: Middle East Review of International Affairs, 1/2006, S. 53–62.
[81] Ders.: Moscow and the Middle East. Repeat performance? In: Russia in Global Affairs, 3/2012, <http://eng.globalaffairs.ru/number/Moscow-and-the-Middle-East-Repeat-Performance-15690>.
[82] Mairbek Vatchagaev: Chechens are among foreigners fighting to overthrow Bashar al-Assad, in: Eurasia Daily Monitor, 30.11.2012, <www.jamestown.org/ programs/edm/single/?tx_ttnews[tt_news]=40185&tx_ttnews[backPid]=587&no_cache=1>.
[83] Ders.: Chechen insurgency leader Doku Umarov tells Chechens not to fight in Syria, in: Eurasia Daily Monitor, 29.3.2013, <www.jamestown.org/programs/edm/ single/?tx_ttnews[tt_news]=40671&tx_ttnews[backPid]=685&no_cache=1#.UkKs9yRgDpA>.
[84] Vladimir Kotljar, Mitglied des Rates für Internationales Recht des MID, in einem Interview in: Kommersant”-FM, 19.4.2013, <www.kommersant.ru/doc/2175410>.
[85] Igor’ Sergun, Direktor der Hauptverwaltung für Aufklärung beim Generalstab der Streitkräfte der Russländischen Föderation, in: Interfax, 23.5.2013. – Johnson’s Russia List, 24.5.2013, Nr. 94/2013, <http://archive.constantcontact.com/fs156/1102820649387/archive/1113557211682. html#LETTER.BLOCK47>.
[86] For Putin, principle vs practicality on Syria, in: New York Times, 5.7.2012.
[87] So Alexander Golts: Putin between Assad and Mubarak, in: Moscow Times, 7.6.2012.
[88] Lavrovs Rede auf der 49. Münchner Sicherheitskonferenz, 2.2.2013, <www.mid.ru/brp_4.nsf/0/A9CB4318DB0A5C8444257B0A00376FE8>.
[89] Lavrov auf einer Pressekonferenz in Moskau am 23.1.2013, <www.mid.ru/brp_4.nsf/newsline/ 804D3CB775E6CC4044257AFC003FE53D>.
[90] Resolution des UN-Sicherheitsrats 2085 vom 20.12.2012, <www.un.org/depts/german/sr/sr_12/sr2085.pdf>.
[91] Erklärung Lavrovs in: RIA Novosti: Moscow hails Mali political settlement, 9.4.2012, <http://en.rian.ru/world/20120409/172709490.html>. – Aussage Michail Margelovs, des Afrika-Beauftragten des russländischen Präsidenten, in: RIA Novosti: Russia upholds Mali’s territorial integrity, 6.4.2012, <http://en.rian.ru/russia/20120406/172654558.html>.
[92] Lavrov im Fernsehsender Rossija 1, 10.2.2013, <www.mid.ru/brp_4.nsf/newsline/02EBC66 354EF10E544257B0E0045AD41>.
[93] Rachel Brandenburg: Military intervention in Mali vs. Syria. When is the path rocky or paved? United States Institute of Peace, 6.2.2013, <http://reliefweb.int/report/mali/ military-intervention-mali-vs-syria-when-path-rocky-or-paved>.
[94] Allison, Russia, the West and military intervention [Fn. 1], S. 133–138.
[95] Nikolas K. Gvosdev: Why Russia won’t abandon Syria, in: The National Interest, 29.6.2012, <http://nationalinterest.org/commentary/why-russia-wont-abandon-syria-7140>.
[96] Stephen Blank, Carol R. Saivetz: Playing to lose? Russia and the „Arab Spring“, in: Problems of Post-Communism, 1/2013, S. 3–14, hier S. 8–10.
[97] Bericht Makarovs an die Gesellschaftliche Kammer Russlands, zitiert nach: Kommersant”, 18.11.2011, S. 2.
[98] Am Beispiel der Moskauer Sicht auf die Entwicklung in Ägypten Fiona Hill: How Russia and China see the Egyptian revolution, in: Foreign Policy, 15.2.2011, <www.foreignpolicy.com/ articles/2011/02/15/how_russia_and_china_see_the_egyptian_revolution>.
[99] Ebd.
[100] Allison, Russland, the West and military intervention [Fn.1], S. 91–94. – John Russell: Exploitation of the „Islamic factor“ in the Russo-Chechen conflicts before and after 11 September 2001, in: European Security, 4/2002, S. 96–109. – James Hughes: The Chechnya conflict: freedom fighters or terrorists? In: Demokratizatsiya, 3/2007, S. 307. – Svante Cornell: International reactions to massive human rights violations: the case of Chechnya, in: Europe–Asia Studies, 1/1999, S. 85–100.
[101] US hopes Assad can be eased out with Russland’s aid, in: New York Times, 27.5.2012.
[102] Due West: is Russia changing track on Syrien? In: RIA Novosti, 21.3.2013, <http://en.rian.ru/columnists/20120321/172307077.html>.
[103] Trenin, The mythical alliance [Fn. 13], S. 25. – Dmitri Trenin: Finally, the US and Russland team up, in: New York Times, 8.5.2013.
[104] Already in summer 2012 a senior Russian parliamentarian affirmed that „Russia may consider options such as participation in a peacekeeping operation in Syrien if the UN decides to launch it“. Michail Margelov, chairman of the International Affairs Committee of the Federation Council, in: Interfax news agency, Moskau, 9.7.2012. BBC Mon FS1 FsuPol ME1 MEPol ibg.
[105] Rede Lavrovs, 29.10.2012, <www.mid.ru>, 10.3.2013.
[106] Guardian, 20.4.2013, S. 22.
[107] International Herald Tribune, 19.6.2013, S. 4.
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