Der Stalin-Versteher
Lion Feuchtwanger in Moskau 1937
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Abstract
Von Dezember 1936 bis Anfang Februar 1937 verbrachte Lion Feuchtwanger gut zwei Monate in der Sowjetunion. Er wurde von Stalin empfangen und war Augenzeuge des zweiten Moskauer Schauprozesses. In seinem Reisebericht Moskau 1937 zeigt er sich von der Schuld der Angeklagten überzeugt und zeichnet ein rundweg positives Bild der Sowjetunion, in der gerade das Jahr des Großen Terrors begonnen hatte. Bis heute wird Feuchtwanger deswegen der Dummheit, Blindheit, Ignoranz oder Arroganz bezichtigt. Erklären lässt sich das Lob für den Diktator und sein Staatswesen nur damit, dass es dem Schriftsteller nicht um die konkrete sowjetische Wirklichkeit ging, sondern um seine weltgeschichtliche Vision von der „Allmacht der Vernunft“. Dafür war Feuchtwanger sogar zu weitreichender Selbstzensur bereit.
(Osteuropa 11-12/2014, S. 5980)