Das „andere“ und das „virtuelle“ Europa
Ostmitteleuropäische Intellektuelle nach 1945
Abstract
Globalisierung ist Modernisierung. Historisch ist damit die Ausdifferenzierung von Formen und Räumen des Handelns in Wirtschaft, Politik, Gesellschaft und Kultur verbunden. Mit der unterschiedlichen Dynamik des Wandels gehen die Zuweisung von „Fortschritt“ und „Rückständigkeit“ sowie die Herausbildung von Zentren und Peripherien einher. Europa nach dem Zweiten Weltkrieg stellt ein historisches Beispiel für diese Prozesse dar. Hier hat die unterdrückte oder verspätete Modernisierung Ostmitteleuropas Folgen für das kulturelle Selbstverständnis und die politische Selbstbestimmung. Anhand des Denkens von Intellektuellen wie Miłosz, Kiš, Kundera und Konrad werden die Spezifika dieser Identifikationssuche rekonstruiert. Die Mitteleuropa-Diskussion der 1980er Jahre und der Umgang mit Nationalismus nach der nationalstaatlichen Unabhängigkeit stehen im Mittelpunkt. Es zeigt sich, daß der Umgang mit der Vergangenheit, Europabilder oder mit lokalen Gemeinschaften aktuelle Phänomene antizipiert, die heute unter den Vorzeichen der Post-Moderne oder Gegen-Globalisierung behandelt werden.
(Edition Osteuropa 1, S. 1342)