Titelbild Osteuropa 7-10/2015

Aus Osteuropa 7-10/2015

Feiertage für das Volk
Transnationale Erinnerung im Südkaukasus

Sergej Rumjancev


Abstract in English

Abstract

Anfang des 20. Jahrhunderts waren Denkmäler im öffentlichen Raum des Südkaukasus nahezu unbekannt. Erst das Sowjetregime führte Feiertage und Denkmäler ein. Ziel dieser Erinnerungspraktiken war es, die multinationale Gesellschaft zu mobilisieren und zu integrieren. Nach dem Motto „national in der Form, sozialistisch im Inhalt“ wurden mittelalterliche Dichter einer „Nationalkultur“ zugeordnet und heroisiert. Als Beweis für die Gültigkeit des Historischen Materialismus wurden sie als übernationale Vorläufer sozialistischen Denkens interpretiert und instrumentalisiert. Shota Rustaveli, Nizami und das Volksepos David von Sasun wurden so Teil des sowjetischen Kulturerbes. Die postsowjetische Kulturpolitik verläuft in diesen Bahnen. Dieselben Eliten arbeiten in denselben bürokratischen Strukturen und bewegen sich im selben Statussystem aus Ehrentiteln und Auszeichnungen. Selbst die sowjetische Form der Erinnerung ist weitgehend unverändert.

(Osteuropa 7-10/2015, S. 487–514)