Titelbild Osteuropa 10-11/2020

Aus Osteuropa 10-11/2020

Staatskapitalismus à la Belarus
Sonderweg, Umweg oder Sackgasse?

Roland Götz


Abstract in English

Abstract

Belarus schlug nach der Auflösung der Sowjetunion einen Sonderweg ein. Nirgendwo im postsozialistischen Osteuropa blieb die Rolle des Staates in der Wirtschaft so groß. Dieses Modell stieß ab 2007 an seine Grenzen, nicht zuletzt weil Russland die Preise für Erdöl- und Erdgaslieferungen nach Belarus anhob. Minsk nahm immer mehr Kredite im Ausland auf. 2015 entschloss sich die Regierung zu einem Kurswechsel in der Geld- und Fiskalpolitik: Der Wechselkurs wurde freigegeben und das Defizit des Staatshaushalts vermindert. Doch alle großen Betriebe blieben in staatlicher Hand. Das Land ist mehr denn je von Vorzugspreisen für Energieimporte aus Russland abhängig. Immer lauter verlangen belarussische Ökonomen daher eine Restrukturierung oder Schließung der vielen staatlichen Verlustbetriebe. Mittelfristig wird die durch den innenpolitischen Konflikt verursachte Emigration von qualifizierten Arbeitskräften das Wirtschaftswachstum bremsen.

(Osteuropa 10-11/2020, S. 35–59)