Parteien vor dem Aus?
Die Krise der repräsentativen Demokratie in Tschechien
Vlastimil Havlík, Martin Mejstřík
Abstract in English
Abstract
Tschechien hatte unter allen ostmittel- und osteuropäischen Staaten bis Anfang der 2010er Jahre das stabilste Parteiensystem. Es ähnelte den westeuropäischen Systemen und war das Fundament der repräsentativen Demokratie. Dieses Modell ist in eine tiefe Krise geraten. Die Wahlbeteiligung ist zurückgegangen, die Parteien verlieren an Mitgliedern, die Wählerfluktuation ist hoch. Aus Programmparteien wurden Kartellparteien ohne gesellschaftliche Verankerung, aber mit großem Interesse an der staatlichen Wahlkampfrückerstattung und Posten. Diese Entwicklung kennt man auch aus Westeuropa. Doch mittlerweile steht in Tschechien mit Andrej Babiš ein Mann an der Spitze der Regierung, der an die Macht gelangt ist, indem er mit den Mitteln seines Firmenkonglomerats eine eigene Unternehmerpartei gegründet hat und der Idee des pluralistischen Ideenwettbewerbs das technokratische Leitbild vom besseren Manager entgegenhält.
(Osteuropa 4-6/2021, S. 101114)