Titelbild Osteuropa 6-8/2022

Aus Osteuropa 6-8/2022

Film und Filmindustrie in der Ukraine
30 Jahre Dekolonisierung: eine Bilanz

Ivan Kozlenko


Abstract in English

Abstract

Die Geschichte des ukrainischen Films und der Film- und Fernsehindustrie in den vergangenen 30 Jahren ist eine Geschichte der mühsamen Befreiung aus kolonialen Abhängigkeiten. In ihr spiegeln sich die Entwicklung des ukrainischen nationalen Selbstverständnisses, die Sprachenfrage und die politische Ökonomie eines umkämpften Sektors. Nach einem Niedergang in den 1990er Jahren führte die Abhängigkeit von russländischem Kapital und vom Absatzmarkt Russland zu einer Russifizierung der Branche. Das Geld und die Ideen, inklusive aggressiver antiukrainischer und antiliberaler Geschichtsbilder kamen aus Moskau, produziert wurden die russischsprachigen Filme zu geringen Löhnen in ukrainischen Studios. Einen Umbruch brachte erst das Jahr 2014. Die Filmförderung wurde verbessert, gesetzliche Sprachquoten bei der Produktion und der Nachsynchronisierung von Filmen besser durchgesetzt. Dies schwächte die Verbindungen der ukrainischen Fernsehlobby nach Russland, führte allerdings zu Auseinandersetzungen um die Verteilung von Fördergeldern. Abseits des Kampfs ums große Geld sind in den vergangenen 30 Jahren hervorragende Dokumentarfilme und ein ukrainisches Autorenkino entstanden, das auf den internationalen Filmfestivals einen festen Platz hat.

(Osteuropa 6-8/2022, S. 393–420)