Titelbild Osteuropa 6-8/2022

Aus Osteuropa 6-8/2022

Kleine Geschichte einer großen Literatur
Grundrisse des literarischen Prozesses in der Ukraine

Ulrich Schmid


Abstract in English

Abstract

Die ukrainische Literaturgeschichte spielt sich seit ihren ostslavischen Anfängen in verschiedenen Räumen ab. Vielsprachigkeit und kulturelle Überlappungen waren stets konstitutive Merkmale des literarischen Schaffens im heutigen Raum der Ukraine. Außerdem gab es immer wieder Versuche, die ukrainische Literatur im imperialen Zentrum St. Petersburg zu positionieren. Für die ukrainische Literatur gilt daher, was für viele europäische Nationalliteraturen zutrifft: Schriftsteller und kulturpolitische Akteure bauten bewusst ein literarisches System auf und Literaturhistoriker projizierten diese Konstruktion in die Vergangenheit. Die Unterdrückung, die ukrainische Schriftsteller als Teil der Nationalbewegung im Zarenreich und der Sowjetunion immer wieder erfuhren, hat dazu geführt, dass das Verhältnis zu Staat und Nation bis heute den literarischen Prozess in der Ukraine definiert. Dies zeigt sich an der gesellschaftlichen Bedeutung der Schriftsteller während der russländischen Aggression gegen die Ukraine, die 2014 begonnen hat und 2022 zu einem offenen Krieg eskaliert ist.

(Osteuropa 6-8/2022, S. 7–40)