Der Klang des Jahrhunderts
Musik aus der Sowjetunion in Deutschland
Abstract in English
Abstract
Musik ist eine Universalie der menschlichen Kultur, doch ihre Wahrnehmung steht immer auch unter dem Einfluss gesellschaftlicher und politischer Rahmenbedingungen. Das gilt für die deutsche Rezeption klassischer Musik aus der Sowjetunion und Russland besonders. In der Weimarer Republik war das Interesse an der Musik aus der jungen UdSSR sehr hoch. Im Nationalsozialismus erklang keine Musik, die mit dem Schlagwort „jüdischer Bolschewismus“ belegt werden konnte, doch nach dem Hitler-Stalin-Pakt gab es eine bizarre, kurze Blüte des Musikaustauschs. Zur Zeit des Kalten Krieges vollzog sich die Rezeption sowjetischer Musik, vor allem zeitgenössischer Opern, in der DDR und BRD nach ideologischen Grundsätzen. Während der Perestrojka explodierte das Interesse, spezielle Konzerte und Festivals entstanden, enge musikalische Kontakte wurden geknüpft. Seit dem 24.2.2022 droht dieses Netz zu zerreißen. Der Krieg war der Auslöser für die Forderung: „Cancel Russian Culture“. Doch weiterhin erklingt russische Musik: Sofija Gubajdulinas Der Zorn Gottes ist zu einem klingenden Mahnmal geworden.
(Osteuropa 1-3/2025, S. 263294)