Titelbild Osteuropa 8-9/2025

Aus Osteuropa 8-9/2025

Ernst Troeltsch und Osteuropa
Zur Aneignung eines deutschen Geschichtsdenkers

Johannes Bent


Abstract in English

Abstract

Die Zwischenkriegszeit war eine Zeit der Neuordnung historischen Wissens. Nach der Erfahrung des Ersten Weltkriegs und der nachfolgenden Revolutionen stand die Frage im Raum, wie die Rekonstruktion der Vergangenheit Orientierung für die Zukunft liefern könne. Der deutsche Geschichtsphilosoph Ernst Troeltsch entwickelte darauf in seinem Spätwerk "Der Historismus und seine Probleme" (1922) eine Antwort, die auch im östlichen Europa breit rezipiert wurde. Die unterschiedlichen Lesarten und Aneignungen Troeltschs u.a. in der Sowjetunion, Ungarn und der Tschechoslowakei zeigen, welche Rolle der transnationale Wissenstransfer für die verschiedenen nationalen Geschichtskulturen spielte. Der Austausch reichte bis in die Mikroebene der Begriffe. Troeltschs Werk ist somit ein Schnittpunkt europäischer Geistesgeschichte(n).

(Osteuropa 8-9/2025, S. 169–184)