Idyll, Ware, Ökosystem
Der Wald in der russischen Literatur
Abstract in English
Abstract
Der Wald ist ein zentrales Motiv der russischen Literatur. In ihm spiegeln sich zeittypische Vorstellungen von der Beziehung zwischen Mensch und Natur. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist der Wald Ort der Selbstfindung des Individuums. Darüber wird er gleichsam selbst zum Individuum. Auf dieser Basis entwickelt sich ein ökologisches Verständnis, das in der Literatur aber erst zum Durchbruch kommt, als der aufkommende Kapitalismus den Wald zur Ware und dann zum Objekt eines rücksichtslosen Raubbaus macht. Obwohl der sozialistische Roman die Aneignung der Natur durch den Menschen feiert oder den Wald zur Metapher für das Kollektiv macht, verschwindet das Thema Waldschutz nicht aus der Literatur. Offizielle Werke zur Unterstützung der stalinschen Wiederaufforstungskampagne wie auch kritische Romane der Brežnev-Zeit wenden sich gegen die Waldzerstörung.
(Osteuropa 4-5/2008, S. 95106)