Im Zweifel pro Russland
Geschichte, Politik und Diktatur in Belarus
Abstract in English
Abstract
Belarus pflegt seit Jahrzehnten ein ambivalentes Verhältnis zu Russland. Die belarussische Nationalbewegung sah seit der Perestrojka in der Abhängigkeit von Russland ein Hindernis für die Nations- und Staatsbildung. Die politische Führung sucht die Nähe zum Kreml, betont aber zugleich ihre Eigenständigkeit. Historiker spielen in dieser Auseinandersetzung eine zentrale Rolle: Einige unterstützen das Regime und ein positives Russlandbild, andere betreiben eine nationale belarussische Geschichtsschreibung. Nach dem Zerfall der Sowjetunion schwankte das Russlandbild zwischen nostalgischer Bindung und antikolonialer Abgrenzung. Seit den Protesten von 2020 und dem Krieg gegen die Ukraine rücken Belarus und Russland enger zusammen. Geschichte dient zunehmend als Mittel zur Machtsicherung und wird in beiden Ländern politisch instrumentalisiert.
(Osteuropa 5/2025, S. 155166)